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Manchmal ist auch weniger mehr

Von Walter Hämmerle

Wirtschaft

Europa ist von einem einheitlichen Wirtschaftsraum mit identen Rahmenbedingungen noch weit entfernt. Die Mitgliedsländer konkurrieren daher um qualifizierte Arbeitnehmer und Investitionen. Die besten Standortbedingungen entscheiden dabei über Sieger und Verlierer. Gerade für den Wirtschaftsstandort Österreich kommt hier der Steuerbelastung - nicht zuletzt vor dem Hintergrund der bevorstehenden Erweiterung der Europäischen Union - entscheidende Bedeutung zu. Eine aktuelle Studie der Julius-Raab-Stiftung lotete nun den Spielraum für eine Entlastung der Wirtschaft aus.


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Die Studie zu den "zu erledigenden steuerpolitischen Hausaufgaben Österreichs" kommt dabei zu dem Schluss, dass - getreu dem Motto "weniger ist manchmal mehr" - eine Entlastung der Wirtschaft insbesondere bei den Lohnnebenkosten und nicht entnommenen Gewinnen sich - zumindest zum Teil - auch für den Finanzminister rechnet.

Betont wird, dass der Handlungsspielraum jeder Bundesregierung zum einen durch die Verpflichtungen Österreichs aus dem EU Stabilitäts- und Wachstumspakt, zum anderen durch den zwischen Bund, Ländern und Gemeinden abgeschlossenen Finanzausgleich, der noch bis 2004 läuft, eingeschränkt wird.

Priorität Lohnnebenkosten

Erste Priorität hat eine Senkung der Lohnnebenkosten. Empfohlen wird, die Arbeitgeberbeiträge zur Unfallversicherung (von 1,4 auf 1,2%), zur Arbeitslosenversicherung (von 3 auf 2,5%) und zur Insolvenzentgeltsicherung (von 0,7 auf 0,3%) zu senken. Die Kosten für die Maßnahme belaufen sich zusammen genommen auf 460 Mill. Euro. An die Stelle der rechtsformabhängigen Besteuerung von Unternehmensgewinnen soll eine einheitliche Betriebssteuer von 25% sowie eine Begünstigung nicht entnommener Unternehmensgewinne in der Höhe des KöSt-Satzes für Personen und Einzelunternehmen treten. Kosten: Rund 680 Mill. Euro. Angestrebt wird aber auch eine Senkung dieses KöSt-Satzes von derzeit 34 auf 31%, was sich mit rund 400 Mill. Euro zu Buche schlagen dürfte.

Erste zaghafte Schritte sollen auch in Richtung einer Vereinfachung des Steuersystems gesetzt werden. Geschehen soll dies über die ersatzlose Streichung zahlreicher steuerlicher Bestimmungen, die ihre Existenz ohnehin nicht mit ihrem Aufkommen für den Steuersäckel des Finanzministers rechtfertigen können. Die Studie sieht hier für den Bereich der ausschließlichen Bundesabgaben ein Entlastungspotenzial von 140 Mill. Euro. Geht es nach der Studie, soll sowohl die Gesellschafter- als auch die Erbschaft- und Schenkungsteuer abgeschafft werden. Rund 230 Mill. Euro würde dies den Steuersäckel des Finanzministers kosten.

Entlastung rechnet sich

Insgesamt belaufen sich die Vorschläge der Studie auf 1,91 Mrd. Euro, die jedoch auch zu einer stärkeren Belebung der Konjunktur führen. So würde die Senkung der Lohnnebenkosten nach 2 Jahren laut Wifo-Berechnung zu einem höheren Wirtschaftswachstum (+0,25%), zu Steigerungen von Exporten (+20%), realen Investitionen (+0,35%) und des Privatkonsums (+0,35%) bei einem gleichzeitigen Sinken der Verbraucherpreise (-0,30%) führen.

Steigen würde nicht zuletzt auch die Zahl der unselbstständig Beschäftigten, und zwar um rund 32.000 Personen.