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Kaum haben die Stabhochspringerinnen bei der Leichtathletik-WM in Peking ihre Vorkämpfe absolviert, war das Gespräch auch schon auf Kira Grünberg und ihren ebenso schrecklichen wie folgenschweren Trainingssturz von Ende Juli gerichtet - von den Journalisten. Wie man damit umgehe, wurde gefragt, ob solch ein Szenario beim Wettkampf oder Training in den Köpfen sei, ob gar die Angst ein Begleiter sei. Die Antworten der meisten Athletinnen waren unmissverständlich: Nein, es sei kein Thema, man rede einfach nicht darüber, man müsse nach vorne schauen. Das mag bei manchen, die Betroffenheitswortspenden angesichts der Querschnittlähmung einer jungen Kollegin erwartet hatten, unsensibel wirken - in Wahrheit ist es aber die einzig richtige Reaktion, da hätte es den beinahe apologetischen Nachsatz "Das hätte Kira auch so gewollt" gar nicht gebraucht. Dass das Stabhochspringen Risiken birgt, muss zumindest jenen, die den Sport halbwegs professionell ausüben, bewusst sein, Respekt vorhanden sein. Doch wer Angst hat, sollte gar nicht erst zum Anlauf gehen. Natürlich gehören die Risiken abgewogen, Stürze wie jener Grünbergs, aber auch andere, bei denen der Stab plötzlich bricht, wie es hin und wieder vorkommt, analysiert und die richtigen Schlüsse gezogen. Doch die Art und Weise, wie die einzelnen Sportler damit umgehen, ob sie Gespräche suchen oder sich lieber abschotten, muss jedem selbst überlassen bleiben. Von den Aktiven jetzt, ausgerechnet während des wichtigsten Wettkampfs der Saison, zu erwarten, mit allzu lästigen Journalisten darüber zu sprechen, was alles passieren könnte, ist ein bisschen viel verlangt. Manchmal ist tatsächlich Schweigen Gold.