Trotz männlicher Omnipräsenz fehlen die Männer in wichtigen Bereichen der Gesellschaft.
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Die Finanzkrise - so lautete eine gängige These 2009 am World Economic Forum in Davos - wäre von übermüdeten weißen Männern ausgelöst worden. Schon im Epos um den Kampf um Troja berichtet ein Mann von Männern an der Spitze von Kriegen und Krisen. Männer stellen auch heute die meisten Spitzensportler, -forscher und -künstler, und bis heute stehen mehrheitlich Männer an der Spitze von Unternehmen, Gemeinden, Staaten und Institutionen - weltweit. Sie sind es auch, die in den Medien am häufigsten zu Themen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gefragt werden. So wundert es nicht, dass Männer auch auf Diskussionspodien und in Aufsichtsräten in der Mehrheit und gar nicht so selten nur unter sich sind. Männer - das ist das starke Geschlecht mit den meisten Talenten und Fähigkeiten und daher auch mit den meisten Kompetenzen. Männliche Omnipräsenz ergibt sich in unserer Leistungsgesellschaft quasi von selbst.
Bei aller Dominanz fehlen die Männer sehr: Sie fehlen als Väter mit ihren Perspektiven, wenn Mutter und Kindergartenpädagogin überlegen, wie sie einem kleinen Buben die Angst vor einer zu großen Gruppe nehmen können; beim Sprechtag, wenn Lehrerinnen mit den Eltern Lernschwierigkeiten lösen wollen. Viele Männer fehlen auch, wenn ihre Kinder mit ihren Lehrerinnen eine Aufführung gestalten und im Publikum nur ihre Mütter und Großmütter entdecken.
Männer fehlen meist an den Krankenbetten ihrer Kinder und in Extremsituationen wie an den Sterbebetten ihrer Eltern. Sie fehlen auch mehrheitlich in den Alltagssituationen Einkaufen, Reinigen und Ordnung halten in den privaten Haushalten. Männer fehlen als Pfleger, wenn Opa Hilfe beim Waschen und Anziehen braucht, ebenso, wenn Opa über sein Leben und seine Freuden und Sorgen beim Älterwerden redet. Und Männer fehlen als Pädagogen mit ihren Perspektiven, wenn unsere Kinder in Kindergärten und Schulen auf die Erwachsenenwelt vorbereitet werden.
Viele Männer fehlen als Interessenten für eine Transformation unserer Gesellschaft in eine, in der nicht nur gleiche Arbeit mit gleichem Lohn bezahlt wird, sondern in der auch grundsätzlich Arbeit nach ihrem Beitrag zur Lebensfreude von Menschen bewertet wird. Viele Männer fehlen als Diskussionspartner und Mitstreiter für ein neues Miteinander, in dem ihre Frau mehr Geld verdienen und ihre Unterhaltspflicht sich reduzieren würde. Die teure Ausbildung ihrer Tochter würde sich rentieren, weil sie genauso viel Geld verdienen würde wie ihre Studienkollegen. Ihr Sohn hätte mehr Berufsmöglichkeiten und ein erfülltes Familienleben, weil er auch seine sozialen Fähigkeiten schulen und beruflich einsetzen könnte, ohne dabei auf die finanzielle Unterstützung des Vaters angewiesen zu sein oder im Freundeskreis belächelt zu werden. Ihr Enkel würde in einer vielfältigen Welt mit unterschiedlichen Perspektiven gut vorbereitet aufwachsen. Der Vorteil für alle wäre, dass jeder Mensch, unabhängig von seinem sozialen Geschlecht seine Potenziale leben und davon auch leben könnte.
Nicht mehr und nicht weniger ist das Ziel des Internationalen Frauentages. Mander, ’s isch Zeit!