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Mangel am Kindergartenplatz

Von Martina Madner

Politik

Während Wien und das Burgenland in Sachen Kinderbetreuung gut aufgestellt sind, sind Plätze für Kleinkinder in Oberösterreich und der Steiermark Mangelware.


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Selten haben statistische Meldungen so viel Bedeutung fürs alltägliche Leben der Bevölkerung wie jene zur Kinderbetreuung. Konkret zeigt die Kindertagesheimstatistik, dass Eltern mit Kindern im Alter von null bis zu zwei Jahren nur in zwei von neun Bundesländern ausreichend Plätze vorfinden: in Wien und im Burgenland. In der Hauptstadt gibt es für 44,3 Prozent der Kinde in diesem Alter Krippenplätze, im Burgenland für 37 Prozent.

Dabei hat Österreich das Ziel von einem Drittel betreuter Kinder in diesem Alter schon 2002 für spätestens 2010 gemeinsam mit den anderen EU-Ländern in Barcelona festgelegt. 20 Jahre später drücken viele Bundesländer den österreichweiten Durchschnitt auf 29 Prozent, besonders die Steiermark mit 18,6 Prozent und Oberösterreich mit 19,6 Prozent.

Dabei sind das nicht einmal die Plätze, mit denen eine Erwerbsarbeit vereinbar ist, sondern jene, die zumindest 30 Wochen im Jahr an mindestens vier Tagen und insgesamt mindestens 15 Stunden pro Woche geöffnet haben. Trotz langer Wartezeiten, über die Wiener Eltern zu Recht klagen, ist es in allen anderen Bundesländern noch viel schwieriger, Berufstätigkeit und Nachwuchs zu vereinbaren.

Was in der Steiermark besser als in Oberösterreich läuft

Mit 15 Stunden Kinderbetreuung lässt sich kaum eine Erwerbsarbeit vereinbaren. Deshalb weist die Statistik Austria auf Anfrage der "Wiener Zeitung" auch den Anteil der Plätze aus, die mit einer Vollzeitbeschäftigung der Eltern zu vereinbaren sind. Dafür muss der Platz für mindestens 47 Wochen pro Jahr, 45 Stunden wöchentlich, werktags von Montag bis Freitag und an vier Tagen wöchentlich 9,5 Stunden verfügbar sein, und es muss Mittagessen geben. Nicht missverstehen: Der Vereinbarkeitsindikator für Familie und Beruf (ViF) bedeutet nicht, dass Kleinstkinder so lange im Kindergarten betreut werden, sondern dass Eltern die Möglichkeit haben, zwischen dem Hinbringen und Abholen zu arbeiten.

Von den für 44,3 Prozent verfügbaren Krippenplätzen in Wien lassen sich neun von zehn mit Vollzeitarbeit vereinbaren, sie sind also ViF-konform. Bei den älteren Kindergartenkindern sind es in Wien übrigens genauso so viele. Anders schon im Burgenland, hier ist von den 37 Prozent verfügbaren Krippenplätzen jeder zweite nicht ViF-konform. Genauso wie im Burgenland ist es in der Steiermark: Hier ist von den zwar wenigen 18,6 Prozent verfügbaren Kinderkrippenplätzen immerhin jeder zweite mit einer Vollzeitarbeit vereinbar, zeigen die Daten der Statistik Austria.

Karoline Mitterer, Expertin beim KDZ-Zentrum für Verwaltungsforschung, weist darauf hin, dass es in der Steiermark mit knapp 1.700 österreichweit die meisten Plätze für Null- bis Zweijährige bei Tageseltern gibt. Der neue zuständige steirische Bildungslandesrat Werner Amon (ÖVP) erwähnt deshalb auch die knapp 25-prozentige Betreuungsquote bei den Kleinsten. "Aber mir ist klar, dass es in der Elementarpädagogik akuten Handlungsbedarf gibt", räumt Amon darüber hinaus gegenüber der "Wiener Zeitung" ein. Er sei mit Vertreterinnen und Vertretern des Bereichs bereits im Austausch: "Wir sind uns einig, dass den Gesprächen auch rasch Taten folgen müssen, von denen die Kinder, Pädagoginnen und Pädagogen sowie die Eltern profitieren." Bis Herbst werde er ein Maßnahmenbündel präsentieren. Und er verspricht zusätzlich zu höheren finanziellen Mitteln 100 zusätzliche Kollegplätze für die Elementarpädagogik in der Steiermark.

Anders in Oberösterreich: Das Industriebundesland tut sich nicht nur mit geringen 19,6 Prozent Krippenplätzen hervor. Nur ein Viertel davon ist mit einer Vollzeitarbeit vereinbar. Für 94 Prozent der Drei- bis Fünfjährigen in Oberösterreich gibt es zwar Kindergartenplätze, aber auch hier ist nur ein Viertel mit einer Vollzeit-Beruftägigkeit vereinbar.

Schwarz-Blau übernimmt weniger Kosten

In Oberösterreichs Proporz-Regierung bestimmen seit 2017 ÖVP und FPÖ, was umgesetzt wird. Das Land kürzte Gruppen- und Sonderförderungen, seit 1. Februar 2018 müssen Eltern, die mehr als 1.400 Euro brutto verdienen, für die Nachmittagsbetreuung zwischen 42 und 110 Euro monatlich an die Gemeinde bezahlen, wenn ihr Kind an fünf Tagen auch am Nachmittag nach 13 Uhr betreut werden soll.

Die Internet-Recherche-Plattform "Addendum" hatte 2018 aufgezeigt, dass in Folge 3.450 Kinder weniger am Nachmittag in den Kindergarten gingen. Die zuständige ÖVP-Bildungslandesrätin und Landeshauptmannstellvertreterin Christine Haberlander ließ nachrecherchieren, kam selbst auf 3.170 Kinder. "Addendum" prüfte das und erklärte die Differenz mit lückenhaften Rückmeldungen.

Auch auf Nachfrage der "Wiener Zeitung" will Haberlander selbst nichts sagen. Zum Nichterreichen des Barcelona-Ziels heißt es aus ihrem Büro, dass die Betreuungsquote bei Unter-Dreijährigen "in keinem anderen Bundesland stärker gestiegen ist, als in Oberösterreich". Startet man von niedrigem Niveau, bedeuten kleine Zuwächse große prozentuelle Steigerungen.

Und auf die Frage, ob man die Eltern angesichts von Teuerung und in einem Industriebundesland wie Oberösterreich, wo es auch Fachkräftemangel gibt, von den Kosten für Nachmittagsbetreuung entlasten will, heißt es: "Es ist wahrzunehmen, dass das Angebot größer ist als die Nachfrage." Das Land sei einer Empfehlung des Rechnungshofs gefolgt, der Elternbeitrag sei "sozial gestaffelt", er trage "zur Absicherung der Finanzierbarkeit bei" und könne "in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auch gänzlich erlassen werden" - von den Gemeinden. Das Land plant also keine Entlastung.