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Mangel an Ernsthaftigkeit

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
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Österreichs Sicherheitspolitik der vergangenen Jahrzehnte zeichnet sich durch einen eklatanten Mangel an Ernsthaftigkeit aus: Unser offizieller Umgang mit Bedrohungsszenarien beruht auf der hochwissenschaftlichen Daumen-mal-Pi-Abwägung, dass schon nichts passieren wird. Das Bundesheer steht deshalb vor den letzten Trümmern seiner militärischen Präsenz; und die Hektik, mit der nun um ein Sicherheitspaket gerungen wurde, zeugt entweder von politischem Symbolismus oder vom Eingeständnis von Versäumnissen. Für Letzteres spricht, dass die Hälfte des 260 Millionen Euro schweren Investitionspakets in Fachpersonal fließt, also IT-Experten, Datenforensiker und Techniker. Hektische Anlassinvestitionen in einem so sensiblen Bereich hinterlassen zwangsläufig ein mulmiges Gefühl, zeugen sie doch vom schlechten Gewissen der Verantwortlichen, dass hier substanzieller Nachholbedarf besteht. In Österreich muss zu oft erst etwas passieren, damit etwas geschieht.

Dabei hat der entspannte Umgang Österreichs mit Sicherheitsfragen grundsätzlich durchaus sympathische Züge. Mit einigem guten Willen könnte man sogar die tiefere Erkenntnis hineininterpretieren, dass es hundertprozentige Sicherheit ohnehin nicht geben kann.

Allerdings hat sich mittlerweile das Bedrohungsgefühl maßgeblich geändert. Dass in einer freien Gesellschaft Sicherheit ein prinzipiell prekäres Gut ist, wurde uns erst durch den islamistischen Terror wieder bewusst.

Immerhin führt der neue Handlungsdruck auch dazu, dass Bundesheer und Polizei dort, wo es vernünftig und notwendig ist, pragmatisch zusammenarbeiten. Dass jetzt etwa das Innenministerium auf Hubschrauber des Verteidigungsministeriums zurückgreifen kann, hätte vor kurzem noch zu einer Grundsatzdebatte über die kategorische Trennung von innerer und äußerer Sicherheit geführt. Innen und Außen lassen sich schon längst nicht mehr trennen - schön, dass sich diese Erkenntnis jetzt auch in Österreich durchgesetzt hat.

Die Debatte über Sicherheitsthemen leidet in Österreich darunter, dass sie nicht unter die übliche Generalkompetenz der Sozialpartner fällt. Das führt dazu, dass sie immer nur im Anlassfall in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Das muss sich ändern. Dann muss die Bundesregierung auch keine hektischen Sicherheitspakete schnüren.