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Manko der Analyse

Von Hans-Paul Nosko

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"Von Tag zu Tag" auf Ö1 widmete sich dieser Tage dem Thema "Arbeitsmarkt". Stephan Schulmeister, Ökonom des Wirtschaftsforschungsinstituts, erklärte in wunderbar einfachen Worten den, seiner Meinung nach nicht existenten, Zusammenhang von niedrigeren Gehältern und steigendem Stellenangebot.

Da bei reduzierten Privateinkommen gleichzeitig der private Konsum sinkt, rasseln die Unternehmensumsätze ebenfalls hinunter, und die Betriebe offerieren daher, im Gegensatz zu einer vielfach vertretenen Meinung, keine zusätzlichen Jobs.

Andrea Hauer, die die Sendung moderierte, hatte sich bei der Wahl dieses Themas eindeutig auf unsicheres Terrain begeben, wie ihre erste Zwischenfrage zeigte. Schulmeister wiederholte das Gesagte geduldig und spannte einen eindrucksvollen Bogen von der Weltwirtschaftskrise der Zwischenkriegszeit bis ins 21. Jahrhundert. Die Quintessenz seiner Ausführungen: Der technische Fortschritt muss mit den gesellschaftlichen Bedürfnissen in Einklang gebracht werden. Wenn auf die enormen Produktivitätssteigerungen keine sozialen Neuerungen folgen, führt dies zu massiver Arbeitslosigkeit, in den 30er Jahren wie heute.

Allerdings haftete Schulmeisters Ausführungen das Manko vieler Analysen an: brillant in der Diagnose, jedoch ohne konkrete Therapievorschläge. Auf die berechtigte Frage der Moderatorin, worin denn nun diese sozialen Innovationen bestünden, antwortete der Ökonom: "Wenn ich das wüsste, bekäme ich den Nobelpreis."