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Wie man's auch dreht und wendet: das Leben ist ein unvollkommener Zustand. Auf dieser Gefühls- und Erkenntnisbasis errichten wir, vom Prinzip Hoffnung angestachelt, mit lebenslanger Hartnäckigkeit immer wieder neue Pläne, altneue Zukunftsvisionen. Wen das Schicksal als maskulinen Menschen in die Welt gesetzt hat, muss sich etwa fragen, wozu das gut sein soll. In den antiken, patriarchalen Zeiten haben Geburtsumstände und Gesellschaftsordnung der Männer Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl festgelegt: Man war König oder Krieger, Priester oder Bauer, Philosoph oder Bettler. (Standeswechsel waren wunderbare Ausnahmen. Frauen hatten damals noch weniger Wahlmöglichkeiten, und dass ihnen grundsätzlich Könige lieber waren als Bettler, ist verständlich.)
An dem archetypischen Grundschema dieser Lebensmodelle hat sich im Lauf der Geschichte nicht viel geändert: Mann will immer noch lieber herrschen als beherrscht werden. Das aber wird ihm in der demokratischen Gegenwart von den Frauen in steigendem Maße erschwert. Wie eine kürzlich auf 3sat gesendete TV-Dokumentation mit dem Titel "Richtige Männer" zeigte, sind eben diese dadurch verunsichert, dass sie sich nun Lebensinhalt und Wertekodex vom weiblichen Geschlecht vorschreiben lassen sollten. Wenn allerdings Frauen wie Uschi Fellner die Ansprüche definieren, welche der Mann von heute erfüllen müsse, bringt uns das nicht weiter als bis zu dem sonnengebräunten Charmeur, der Uschi zuliebe "News" liest und Bodybuildet. Manche von jenen, die dem weiblichen Klischee vom fitten, flotten und schönen Jüngling nicht entsprechen wollen, ziehen sich in spezielle Seminare zurück, um bei kindischen Indianerspielen die "wilde Natur" der Männlichkeit wieder zu finden. Jeder Manns Sache ist das natürlich nicht, und die eines richtigen schon gar nicht.