Vegetarier wurden Fleischesser | und rotteten eine Art aus.
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Berlin. Wie eine Giraffe oder ein Hirsch weidet der riesige Vogel die Blätter von den Bäumen Neuseelands. Um die schwere Kost zu verdauen, scheuern in seinem Magen einige Kilogramm Steine gegeneinander und zerreiben die harten Zellwände. Zum Verdauen seiner vegetarischen Kost aber kommt der "Moa" genannte Vogel nicht mehr. Denn plötzlich springt ein Polynesier aus dem Wald und schneidet dem überraschten Tier die Sehnen an den Beinen durch. Hilflos fällt der Moa zu Boden. Bald gart ein großer Braten in einer mit Steinen ausgekleideten Grube, in der die Menschen vorher einen Holzstoß abgebrannt haben. Was von diesem Festmahl übrig bleibt, schnappen sich die Hunde, von denen einige Hundert das Gelage beobachten. Hat der Stamm einige Tage später weniger Jagdglück, landen eben einige Hunde als Mahlzeit für ihre Herren in der Kochgrube.
"Die Hunde waren nicht nur wichtige Jagdbegleiter der Menschen, sondern auch lebende Kühlschränke", meint Paul Scofield nachdenklich. "Gemeinsam haben Mensch und Tier die Moas ausgerottet", sagt der Kurator für Wirbeltiere am Canterbury Museum in Christchurch, der größten Stadt der Südinsel Neuseelands.
Mit vielen Indizienbeweisen gelingt es Forschern, aus den Relikten das Leben und den Untergang der Moas zu rekonstruieren. Keine 800 Jahre ist es her, da erreichten erstmals in der 85 Millionen Jahre alten Geschichte dieser Inseln Menschen Neuseeland. Die Polynesier kamen wohl vom Tuamotu-Archipel. Zunächst erreichten allenfalls wenige hundert Neuankömmlinge die Südinsel Neuseelands und standen rasch vor einem Riesenproblem. Auf ihren Doppelrumpfkanus hatten sie zwar reichlich Nutzpflanzen und Samen aus ihrer tropischen Heimat mitgebracht.
In Neuseeland aber ist das Klima erheblich rauer, in der Gegend von Christchurch sinkt die Temperatur in kalten Winternächten einige Grad unter den Gefrierpunkt und die Nutzpflanzen erfroren. In den Wäldern Neuseelands wiederum fanden die Polynesier, die sich heute "Maori" nennen, kaum essbare Pflanzen.
Da es für Vegetarier also kaum Essbares gab, verlegten sich die Maori auf die Jagd. Während ihre Vorfahren auf den Tuamotus aus Steinen und Muscheln Schmuck bastelten, stellten die frischgebackenen Neuseeländer die gleichen Motive aus Knochen der Moas her. Obendrein fanden die Forscher in den Knochen dieser ersten Maori-Krieger Spuren von Gicht, die häufig bei hohem Fleischkonsum auftritt.
Offensichtlich florierte zunächst die Jagd auf Moas. Schon in Dörfern, die nur wenige Jahre später bewohnt waren, aber finden die Forscher kaum Moa-Knochen-Schmuck. Offensichtlich hatten die Neuankömmlinge die Riesenvögel schon in dieser kurzen Zeit weitgehend ausgerottet. Auf der 85 Kilometer langen Coromandel-Halbinsel waren anscheinend alle Moas fünf Jahre nach Ankunft der Maori verschwunden. "Keine hundert Jahre, nachdem die ersten Menschen an
den Küsten Neuseelands landeten, lebten im ganzen Land fast keine Moas mehr", sagt Scofield. Schuld an dieser raschen Ausrottung war wohl nicht nur der hohe Fleischbedarf der Maori und ihrer jagenden Kühlschränke. Die Knochen im Keller des Canterbury Museums verraten weitere wichtige Details: Ähnlich wie jeden Sommer eine neue Schicht Holz um den Stamm eines Baumes wächst, finden die Forscher auch in den Beinknochen der Moas Jahresringe. Daraus schlossen sie, dass die Riesenvögel anscheinend erst mit neun Jahren ausgewachsen waren. Danach hatten die Moas sehr viel Zeit für ihre Vermehrung.
Moas legten wenige Eier
"Manche Knochen waren nämlich porös und die Gliedmaßen sahen deformiert aus", erklärt Scofield. Das sind Merkmale für einen Knochenschwund, den Ärzte als "Osteoporose" bezeichnen. Diese Krankheit tritt normalerweise erst im hohen Alter auf. Bei Vögeln wurde Osteoporose bisher nur bei Papageien nachgewiesen, von denen einige Arten das Alter von 100 Jahren erreichen können. Die Forscher nehmen daher an, dass Moas steinalt wurden. "Viele Nachkommen hatten sie in ihrem langen Leben aber nicht", schließt Scofield aus den Eiern.
Obwohl sie mit einem Gewicht von 4,5 Kilogramm so schwer wie 80 Hühnereier waren, hatten sie nur eine zwei Millimeter dicke Schale. Die ebenfalls seit Jahrhunderten ausgestorbenen Elefantenvögel mit ihren bis zu 450 Kilogramm Gewicht legten dagegen auf Madagaskar Eier mit acht Millimeter dicken Schalen. Da die Riesenvögel die Eier beim Brüten oft gegeneinander drückten, verhinderten die dicken Schalen das Zerbrechen. Eine 280 Kilogramm schwere Moa-Henne dagegen konnte sich dünne Eischalen leisten, weil sie immer nur ein Ei legte. Das Weibchen kümmerte sich anscheinend kaum um die Eier. Für das Brutgeschäft und die Aufzucht des Nachwuchses waren die Hähne zuständig. Zumindest ist das bei heutigen Vögeln wie dem Strauß in Afrika so. Die Forscher in Neuseeland nahmen ursprünglich an, dass die Knochen eines bis zu 150 Kilogramm schweren Moas zu einer ganz anderen Art gehörten. Erst detaillierte Analysen zeigten, dass es sich um die Hähne der Art Dinornis robustus handelte. Die wiederum brüteten das einzige Ei ihrer Gefährtin in einer Höhle aus und kümmerten sich danach wohl viele Jahre um den Nachwuchs.
Die Maoris konnten den brütenden Hähnen in ihren Höhlen den Fluchtweg abschneiden und so gleich zwei Generationen vernichten.
Eine Art mit sehr wenig Nachkommen aber können auch wenige Steinzeitjäger in kurzer Zeit ausrotten, haben Zoologen längst in der Theorie ausgerechnet. In der Praxis bewiesen aber haben diese auch im Englischen "Blitzkrieg" genannte Theorie bisher nur Forscher wie Scofield bei den Moas in Neuseeland. Mammuts und Wollnashörner, Waldelefanten und Höhlenlöwen in der Alten Welt könnten ähnlich rasch von Steinzeit-Europäern ausgerottet worden sein. Allerdings ist das schon mehr als zehntausend Jahre her und da fällt ein Indizienbeweis viel schwerer.