Bei einem Sonderparteitag möchte die Vorsitzende des Front National einen Neuanfang lancieren.
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Paris. So ein Auftritt hätte Marine Le Pen wohl auch zugesagt und ihren Anhängern Respekt eingeflößt. Doch es ist ihre Nichte Marion Maréchal-Le Pen, die am heutigen Donnerstag bei der prestigeträchtigen CPAC-Konferenz der US-amerikanischen Konservativen in Washington spricht - neben Rednern wie US-Präsident Donald Trump oder dem ehemaligen Vorsitzenden von Großbritanniens rechtspopulistischer Ukip-Partei, Nigel Farage.
Dabei hat sich die 28-jährige Maréchal-Le Pen nach der Präsidentschaftswahl im Mai 2017 aus der französischen Politik zurückgezogen, nachdem sie fünf Jahre lang als jüngste Abgeordnete für den rechtspopulistischen Front National in der Nationalversammlung gesessen war. Diesen "vorläufigen" Schritt begründete sie mit ihrem Wunsch, Erfahrungen in der Privatwirtschaft zu sammeln. Doch dass Maréchal-Le Pen, die in der Partei viele Fans hat, zurückkommen wird, gilt als ausgemacht. Ihr morgiger Auftritt zeigt, dass sie im Gespräch bleiben will. Als erklärter Liebling ihres Großvaters, des Parteigründers Jean-Marie Le Pen, steht sie für eine schärfere rechtsnationale Linie als ihre Tante Marine Le Pen. Diese hat mit ihrem Vater gebrochen und ihm sogar die Ehrenpräsidentschaft entzogen.
Es ist nicht der einzige Konflikt, der die Parteichefin belastet. Vor einigen Monaten sagte sich auch Florian Philippot, bisheriger Vize und einst wichtigster Parteistratege, von ihr los und lancierte am Wochenende seine eigene Konkurrenzbewegung: "Die Patrioten". Diese kämpft klarer als der Front National für einen Austritt Frankreichs aus der EU und der Euro-Zone. Doch weil eine Mehrheit der Franzosen nicht hinter der Forderung steht, ließ Le Pen diese fallen und verspricht lediglich ein Referendum. Philippot näherte sich derweil dem EU-Gegner Nicolas Dupont-Aignan an, dessen Partei "Debout la France" ("Steh auf, Frankreich") der Front National bei der Präsidentschaftswahl zumindest kurzzeitig als einzigen Verbündeten gewinnen konnte. Mit dem Votum erreichte Le Pens Erfolgsserie der letzten Jahre einen Höhe- und Wendepunkt zugleich.
Lästiges Erbe
Zwar war es ihr gelungen, die Partei neuen Wählerschichten und vor allem auch jungen Leuten und Frauen näherzubringen, sie regional zu verankern und mit einer Strategie der "Entteufelung" vom Ruf als düsteres Sammelbecken von Ausländer- und Judenhassern zu lösen. So erzielte die 49-Jährige als Präsidentschaftskandidatin in der zweiten Wahlrunde mit 33,4 Prozent der Stimmen und 10,6 Millionen Wählern einen historischen Rekord für ihre Partei. Doch das wurde als Misserfolg wahrgenommen, weil die eigenen Erwartungen noch deutlich höher gelegen waren. Zudem fiel die Rechtspopulistin beim Fernsehduell gegen Emmanuel Macron durch mangelnde Vorbereitung und höhnische Kommentare statt Sachkenntnis und Souveränität auf.
Die Parlamentswahlen wenige Wochen später verliefen enttäuschend. Als Oppositionskraft gegen Präsident Macrons europafreundliche und wirtschaftsliberale Politik ist der Front National seitdem kaum hörbar. Die Partei, die zuvor alle anderen vor sich hergetrieben hatte, ringt um neuen Schwung.
Den soll der Parteitag in der nordfranzösischen Stadt Lille Anfang März bringen. Dort werden den Mitgliedern ein neues Parteistatut und Programm präsentiert; vor allem will Le Pen ihre Getreuen über eine Namensänderung abstimmen lassen, um endgültig das lästige Erbe ihres Vaters loszuwerden. Das freilich dürfte nur bedingt gelingen. Selbst Marion Maréchal-Le Pen gibt zu, dass "ein Problem immer weiter bestehen wird": der Nachname. "Auch als Präsidentin der Blumen-Partei wird Marine Le Pen immer Marine Le Pen bleiben."