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Marken sollten Chefsache sein

Von Andrea Möchel

Wirtschaft
© Jr Casas - Fotolia

In vielen Unternehmen wird die Markenpflege sträflich vernachlässigt.


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Innsbruck. Wer soll sich im Unternehmen um die eigene Marke kümmern? Die Marketingabteilung, der Vertrieb oder doch lieber der Chef höchstpersönlich? In den meisten Unternehmen ist die Verantwortlichkeit für die Marke an verschiedene Fachabteilungen delegiert. Doch das sei die falsche Strategie, warnen Experten. "In vielen Chefetagen wird die Kraft eines gemeinsam geteilten Zukunftsbildes deutlich unterschätzt. In der Praxis trifft man deshalb häufig auf substanzlose, leere Unternehmensvisionen", warnt Markus Webhofer vom Institute of Brand Logic. "Wenn schon die Bilder im Kopf der Führungsetage unscharf sind, kann es nicht verwundern, dass das Management aktionistisch agiert und beliebige Initiativen startet."

Das 1999 als Spin-off der Universität Innsbruck gegründete Institute of Brand Logic berät markenorientierte Firmen in Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz. Markus Webhofer weiß daher aus der Praxis: "Es zahlt sich aus, als Unternehmenschef die Verantwortung für die Marke zu übernehmen. Denn was dem Chef wichtig ist, nehmen auch die Abteilungen ernst."

Die Marke als Stiefkind

Gelebt wird diese Erkenntnis freilich noch selten. Bei einer Brand-Logic-Umfrage unter 138 Unternehmenslenkern im deutschsprachigen Raum, gaben mehr als 40 Prozent an, dass die Führung der Marke nicht in ihrem Verantwortungsbereich liegt. Aber auch dort, wo der Chef für die Marke zuständig ist, beziehen mehr als 35 Prozent dieser CEOs die Marke bei strategischen Entscheidungen nicht in ihre Überlegungen mit ein. Bei Themen wie Kundenkommunikation und Vertrieb vernachlässigt das sogar jeder Zweite. Personalentscheidungen treffen rund 85 Prozent ohne einen Gedanken an die Marke, und bei Budgetentscheidungen wird sie nur in rund fünf Prozent der Fälle mitgedacht.

Zugleich wird nur selten untersucht, wer im Unternehmen für die Marke nützlich ist. Der Beitrag aller Bereiche zum Markenerfolg wird allerdings nur in einem Viertel der Unternehmen gemessen. Und lediglich jedes zweite Unternehmen misst Erfolgsparameter der Marke überhaupt regelmäßig, kritisieren die Experten.

Warum also vernachlässigen die Chefetagen die Markenpflege? "In der Beratungspraxis begegnen uns immer wieder drei Gründe: Erstens wird die Marke oft einseitig als Marketingaufgabe gesehen. Das führt im Umkehrschluss dazu, dass sich weder Produktentwicklung, Vertrieb, Personal noch Controlling in der Pflicht sehen, ihre Arbeit in den Dienst der Marke zu stellen", sagt Webhofer zur "Wiener Zeitung".

"Zweitens treffen wir in erstaunlich vielen Unternehmen auf ausgeprägtes Silo-Denken. Viele Funktionen betten ihre Arbeit nicht in die Marke ein, leisten also oft keinen spezifischen Beitrag zu ihrer Stärkung." Und last but not least würden sich viele Unternehmen in den operativen Anforderungen aktueller Marktbedürfnisse und Branchentrends verlieren - derzeit sei das oft die Digitalisierung. Webhofer: "Da wird mit aller Kraft versucht, das branchentypische Niveau zu erreichen anstatt sich konsequent auf die Entwicklung einer spezifischen, differenzierenden Leistung der Marke zu fokussieren."

Aus Blickwinkel der Marke

Doch nur wenn die Marke im Zentrum aller Überlegungen steht, kann sie auch als integrative Klammer für das Unternehmen wirken. "Aus unserer Beratungspraxis wissen wir: CEOs, die das gesamte Unternehmen über Marke führen, interpretieren Marke als ‚reason for being", betonen die Experten. "Sie richten alle Ressourcen, Fähigkeiten und Fertigkeiten ihrer Organisation auf die Marke aus. So entsteht gesundes Wachstum, wahrnehmbare Differenz zum Wettbewerber und eine lebendige Unternehmenskultur."

Markus Webhofer hat mit Brand Logic unter anderem auch die regionale Supermarktkette MPreis mit Filialen in Salzburg, Tirol, Vorarlberg und Kärnten beraten. "Als wir begonnen haben, MPreis zu begleiten, hatte das Unternehmen circa 70 Märkte, heute ist MPreis Marktführer im Westen Österreichs mit fast 300 Standorten und die beliebteste Marke der Branche", sagt Webhofer stolz.

"Während in Deutschland alle kleinen Lebensmittelhändler von großen Ketten geschluckt werden, hat die Marke MPreis hier eine echte Meisterleistung geschafft, und ist damit zu einem Hidden Champion geworden." Das Geheimnis des Erfolges: Jede Entscheidung wird aus dem Blickpunkt der Marke getroffen. "Alle Kontaktpunkte zu Kunden werden bei MPreis aus der Brille der formalen Ästhetik gestaltet - die Architektur der Märkte, die einzelnen Shop-Zonen, die Präsentation der Waren bis hin zur Aktionsmechanik", erklärt Webhofer. "Gerade in unruhigen Zeiten müssen Unternehmen aus einem Guss gesteuert werden können. Hierfür bietet die Marke enormes Potenzial, man muss es nur nutzen."

Die Studie "CEO OPINION #02: Markenorientierte Unternehmensführung" kann man unter: www.brand-logic.com/de/news/ downloaden.