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Marketing, wo man es nicht erwartet

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Unerwartete Werbeaktionen wie die Galerie von Wien Tourismus in Paris sollen Passanten überraschen.

Ziel: Große Wirkung mit kleinem Budget erreichen. | Guerilla-Gärtnern und Geschenke am Gepäckband.


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Wien. Damit hatten jene 190 Passagiere, die am Heiligen Abend des Vorjahres von Barcelona nach Gran Canaria flogen, nicht gerechnet: Als sich das Gepäckband in Bewegung setzte, tauchten Weihnachtsgeschenke mit Namenskärtchen der Fluggäste auf - eingepackt von Mitarbeitern der Fluglinie Spanair. Verwunderten Blicken folgte schnell die Freude beim Geschenkauspacken.

Mit Marketing-Aktionen wie dieser können Unternehmen mit wenig Geld Aufsehen erregen - im Fachjargon wird das Guerilla Marketing genannt. Die unkonventionellen Ideen sollen Konsumenten "an Orten mit einer Werbebotschaft überraschen, wo sie nicht damit rechnen", sagt Harald Doucha, Geschäftsführer der Wiener Agentur Guerilla Habesohn.

Weitersagen erwünscht

Der Vorteil: Guerilla Marketing ist kostengünstig - für lokale Klein- und Mittelbetriebe kann es daher auch durchaus Sinn machen, nur auf Guerilla Marketing Maßnahmen zu setzen, sagt Susanne Kristek, Leiterin der Agentur Sales Crew.

Eine kreativ inszenierte Postwurf-Sendung kann mit einer passenden Guerilla-Maßnahme eine höhere Werbewirkung erzielen. "Die Idee zählt", so Doucha. Seiner Ansicht nach kann klassische Werbung nicht durch Guerilla-Aktionen ersetzt werden, sondern die Werbeform sei "ein kreatives Tool, um eine definierte Zielgruppe anzusprechen".

Unternehmen setzen darauf, dass die unkonventionelle Aktion weitererzählt wird, um die Werbewirkung zu multiplizieren. Mithilfe der Video-Plattform Youtube kann die lokale Werbemaßnahme theoretisch eine weltweite Zuschauerschaft erreichen. Allerdings sitzen vor dem Bildschirm meist nicht potenzielle Kunden, gibt Doucha zu bedenken.

Meist werden Guerilla-Aktionen auf öffentlichen Plätzen umgesetzt. Das Gepäckband am Flughafen wurde zum Beispiel nicht nur von Spanair genutzt: Im Sommer wurden Passagiere in Wien-Schwechat mit einer Egger-Bierkiste am Förderband empfangen, auf der "Welcome Home" zu lesen war - passend zum Slogan "My home is my Egger". Absolut Vodka erregte 2005 am Flughafen Amsterdam Aufsehen mit einem aufgerissenen Karton, der am Gepäckband entlangfuhr. Im Karton stand eine Flasche Vodka und die Aufschrift "Absolut Temptation".

Für den Autohersteller Kia hat Guerilla Habesohn heuer an der Decke einer Wiener Parkgarage Sprechblasen angebracht, auf denen zu lesen war: "Ich wünschte, ich hätte auch die 7 Jahre Garantie ... so wie der neue Kia Sportage".

"Guerilla Gardening" organisierte die Sales Crew zum Start des Bio-Garten-Sortiments der Rewe-Eigenmarke Ja!Natürlich: Auf Plätzen und Fußgängerzonen wurde ein Gemüsebeet aufgebaut, die Passanten konnten aktiv "mitgarteln".

Wien Tourismus hängte im April in einer Pariser Metro-Station Reproduktionen von 28 Gemälden von Klimt bis Dürer aus elf Wiener Museen auf. Zwei Kunstvermittler führten die U-Bahn- und Bahnreisenden gratis durch die unerwartete Ausstellung.

Werbung ohne Tabus?

Polarisiert hat hingegen der Autovermieter Sixt, als er die Demonstration gegen Castor-Transporte in Deutschland für seine eigenen Werbezwecke nutzte: Unter den Atomkraftgegnern wurde ein Plakat mit dem Spruch "Stoppt teure Transporte! Mietet Van & Truck bei Sixt" aufgestellt.

Wie weit darf Guerilla Marketing gehen? Ethische und moralische Grenzen seien unbedingt einzuhalten, sagt Kristek. Guerilla Marketing müsse dem Produkt dienen und nicht negative Assoziationen wecken, betont Doucha: "Überraschend und unkonventionell zu sein bedeutet nicht, anstößig und plump zu kommunizieren."

Guerilla Marketing soll an Orten, wo Passanten nicht damit rechnen, mit unkonventionellen Ideen überraschen