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Stellen Sie sich vor, Sie suchen einen Ausweg aus einem Labyrinth und haben leider nicht wie einst Theseus auf Kreta einen Ariadnefaden zur Orientierung. Wäre es da nicht hilfreich, wenn zumindest einige der sich anbietenden Wege mit dem Vermerk "Hier geht es nicht weiter" gekennzeichnet wären?
Ein Team um die US-amerikanische Politikwissenschafterin Annie Franco von der Stanford University hat jetzt festgestellt, dass nur rund 20 Prozent jener Studien, deren Ergebnisse die ursprüngliche Hypothese der beteiligten Wissenschafter nicht bestätigt haben, veröffentlicht werden. 65 Prozent der Forscher dokumentieren in solchen Fällen nicht einmal den Verlauf der Versuche und die Resultate. Die Begründung, warum man solche Studien unter den Teppich kehrt, klingt einleuchtend: Die Forscher schätzen, dass bei einem negativen Ergebnis keine Chance für eine Veröffentlichung in einem angesehenen Journal besteht. Vermutlich hängen sie auch nicht gerne an die große Glocke, dass sie aus ihrer Sicht leere Kilometer zurückgelegt haben.
Das Team um Annie Franco meint nun mit Recht, dass auf diese Art wertvolles Wissen verloren geht, und befürwortet Publikationen solcher Studien. Denn auch die Falsifikation einer Hypothese ist nützlich, denn sie kann - wenn öffentlich bekannt - verhindern, dass immer wieder Anläufe unter falschen Voraussetzungen unternommen werden.
Mag sein, dass aus manchen Forschungslabyrinthen gar kein Weg zur Lösung führt, aber das Markieren der bereits als solche erkannten Irrwege dient auf jeden Fall der Forschung der Zukunft.