Vier Verdächtige sollen Börsenkurs zwecks Bereicherung beeinflusst haben – einer davon werkte von Salzburg aus.
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Salzburg/Stuttgart. Die Aktie der De Beira Goldfields war in Österreich eigentlich fast unbekannt – bis mit schwarz-goldenen Inseraten auch in österreichischen Tageszeitungen das "lukrative Investment" Anlegern schmackhaft gemacht wurde. Der Werbestil ließ bei vielen Finanzexperten die Alarmglocken schrillen. Das war Mitte 2006.
In Kürze müssen sich vier mutmaßliche Finanzjongleure in der Anlageaffäre De Beira vor dem Stuttgarter Landgericht wegen groß angelegter Marktmanipulation verantworten. Sie sollen dabei 38 Millionen Euro Gewinn eingefahren haben.
Der Vorwurf Scalping
"Den Angeschuldigten wird vorgeworfen, im Zeitraum zwischen 15. Mai und 15. Juni 2006 durch Veröffentlichungen in diversen Medien über die Aktie ‚De Beira Goldfields Inc.‘ Kaufempfehlungen ausgesprochen zu haben, ohne bekannt zu geben, dass sie selbst erhebliche Bestände der Aktie besaßen und damit in einem Interessenkonflikt standen", teilte die Staatsanwaltschaft Stuttgart in einer Aussendung mit. "Darüber hinaus enthielten die Veröffentlichungen teilweise auch unrichtige und irreführende Angaben. Durch diese Veröffentlichungen beeinflussten die Angeschuldigten den Börsenpreis der Aktie, der sich im Mai 2006 anfänglich zwischen 1,40 Euro und 2,50 Euro bewegte und am 15. Juni 2006 einen Kurs von bis zu 18,50 Euro erreichte." Nachsatz: "Die Angeschuldigten verkauften aufgrund der großen Nachfrage und des gestiegenen Börsenkurses ihre Bestände gewinnbringend. Sie erzielten hierdurch einen Gewinn in Höhe von mehr als 38 Millionen Euro." Im Fachjargon nennt man die Vorgangsweise "Scalping" - das Fell über die Ohren ziehen.
Laut Staatsanwalt soll " die Idee, sich am Markt eine Vielzahl von Aktien zu verschaffen und diese dann gewinnbringend weiterzuverkaufen, nachdem der Kurs künstlich in die Höhe getrieben worden war, unter anderem von einem 32-jährigen verdächtigen Deutschen stammen, der in Österreich lebt, genauer in Salzburg, und als "selbständiger PR-Berater" tätig ist; das zweite Mastermind soll ein 33 Jahre alter Kanadier sein.
Der Plan war, laut Stuttgarter Anklagebehörde, "dass der 33-jährige Kanadier den wesentlichen Anteil der ausgegeben Aktien der Gesellschaft beschaffen und der Wahl-Salzburger "für die Vermarktung der Aktien zuständig sein sollte".
Um die geplante Vermarktungskampagne besser durchsetzen zu können, beteiligten die Angeschuldigten angeblich "noch zwei weitere Personen an ihrer Tat". Einen 46 Jahre alten, freien Journalisten, der in Baden-Württemberg lebt und entsprechende Kaufempfehlungen in einem Magazin sowie in Börsenbriefen veröffentlichte, und einen 39 Jahre alten, in Bayern lebenden Geschäftsführer. "Seine Tätigkeit bestand ebenfalls darin, die Aktie unter anderem in dem von ihm herausgegebenen Börsenbrief zu empfehlen", heißt es dazu von der Stuttgarter Justiz weiter. "Er ist der einzige der Angeschuldigten, der bereits einschlägig vorbestraft ist."
Das Ermittlungsverfahren ins Rollen gebracht hat die deutsche Finanzmarktaufsicht BaFin, die im Sommer 2010 Anzeige erstattete. Im Frühjahr 2011 wurden Hausdurchsuchungen in Deutschland und Österreich durchgeführt, die "zu Arrestbeschlüssen und zur Rückgewinnung von Vermögen von den Angeschuldigten geführt haben sollen.
Staatsanwaltschaft Stuttgart sucht Opfer
"Auf dieser Grundlage konnten diverse Vermögenswerte gesichert werden", bestätigt die Staatsanwaltschaft. "Personen, welche durch die obengenannten Taten der Angeschuldigten einen wirtschaftlichen Schaden erlitten haben, werden daher ausdrücklich aufgefordert, sich bei der Staatsanwaltschaft zu melden."
Wahl-Salzburger trotz Haftbefehls nicht ausgeliefert
Gegen drei Angeschuldigte wurden Haftbefehle beantragt, "von denen derjenige gegen den 46-jährigen Angeschuldigten außer Vollzug gesetzt wurde". Der Haftbefehl gegen den 32-jährigen Wahlsalzburger soll fortbestehen. "Das Wohnsitzland Österreich lehnt eine Auslieferung bisher jedoch ab", klagt die deutsche Justiz. "Gegen den 33-jährigen Kanadier wurde der Haftbefehl in Vollzug gesetzt. Er befindet sich derzeit in Untersuchungshaft. Er hat sich als Einziger nicht zur Tat geäußert. Die anderen Angeschuldigten sind weitgehend geständig."
Die Strafdrohung beträgt bis zu fünf Jahre Haft plus Geldbußen. Die sechste Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart hat nun über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Anberaumung der Verhandlungstermine zu entscheiden.