Zivilverwaltung soll Koordination übernehmen, regionale Solidarität sei gefragt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Es klingt nach einem ambitionierten Plan, wenn man bedenkt, dass es wohl Jahre dauern wird, bis der Frieden nach Syrien zurückkehrt - wenn nicht noch länger.
Bei der Pressekonferenz der Meinungsforschungsinstitute market und Sozialwissenschaftlicher Studiengesellschaft (SWS) am Donnerstag im Presseclub Concordia wurde ein vorläufiger Plan zum Wiederaufbau Syriens präsentiert. Laut dem ehemaligen Botschafter und Präsidenten der Marshallplan-Stiftung Wolfgang Petritsch sollte die Europäische Union das Vorhaben schon jetzt in Angriff nehmen - nach Vorlage des Marshallplans. In einem "Syrien ohne Assad" soll demnach eine internationale Zivilverwaltung die Koordination aller am Wiederaufbau beteiligten Staaten und Organisationen übernehmen. Bei der Finanzierung, die wohl in die hunderte Milliarden ginge, sei die Solidarität der Region gefragt, so Petritsch. Gemeint sind die reichen arabischen Golfstaaten, die ihre Verantwortung übernehmen müssten. Petrisch plädiert für "unkonventionelle Finanzierungsmöglichkeiten", die sich jedenfalls "an lokalen Ressourcen orientieren" müssten. Denkbar sei die Gründung einer Art OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) für den Nahen Osten. Auch Opec, Weltbank und regionale Geldhäuser könnten eine Rolle spielen, sodass die Finanzierung dem europäischen Steuerzahler nicht allzu sehr zur Last fällt. "Die hohen Kosten der Inaktivität Europas wären sinnvoller investiert, wären sie mit einer Rückkehrperspektive verbunden", so Petritsch.
Die Voraussetzung für den Wiederaufbau ist freilich ein Waffenstillstand in Syrien. Hier setzt Petritsch auf Gespräche zwischen den Konfliktparteien; Eckpfeiler der Lösung zeichneten sich bereits ab. Durch den Plan eines Wiederaufbaus für Syrien würde den Bürgern in Europa zudem Zuversicht suggeriert - die Perspektive, dass die Menschen zurückkehren, wirke rechtsextremen Kräften in der EU entgegen.
Besorgte Österreicher
Die Stimmung in der Bevölkerung, in diesem Fall jener Österreichs, war auch Thema der Vortragenden von market und SWS. Letztere erhoben in einer Blitzumfrage, dass sich das Meinungsbild gegenüber Flüchtlingen nach den Angriffen von Köln für 68 Prozent der Österreicher eher verschlechtert hat, lediglich 26 Prozent befinden es für gleich geblieben. Laut market-Institut spielt das Thema Flüchtlinge in alle Sorgen der Österreicher mit hinein. Geht es um die Lösung der Flüchtlingskrise, so setzen die Österreicher auf eine gerechte Aufteilung in der EU, auf Registrierung beim Eintritt in selbige - und eben auch auf ein EU-Wiederaufbauprogramm für Syrien.