Die Nasa holt sich Künstliche Intelligenz an Bord, um ferne Systeme zu durchforsten.
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Washington/Wien. Unser Sonnensystem mit seinen acht Planeten ist nicht mehr das größte seiner Art. Auch Kepler-90, ein sonnenähnlicher Stern 2545 Lichtjahre von der Erde entfernt, wird von acht solchen Himmelskörpern umkreist. Zu dieser Erkenntnis verhalf die Entdeckung des achten Planeten, Kepler-90i, durch das Kepler-Weltraumteleskop, gab die US-Weltraumagentur Nasa Donnerstagabend bekannt.
Kepler-90i - ein glühend heißer, steiniger Planet, der seinen Stern im Rhythmus von 14 Erdentagen umkreist - wurde mittels Künstlicher Intelligenz gefunden. Dafür wurde ein neuronales Netzwerk von Google AI eingesetzt, das ganze 14 Milliarden Einträge in der Datenbank des Weltraumteleskops durchforstet hat.
Für gewöhnlich analysieren Weltraumforscher die Datensätze von Teleskopen von Hand. Ziehen Planeten vor ihren Sternen vorbei, verursachen sie eine minimale Abdunkelung. Diese Helligkeitsschwankungen deuten auch immer wieder auf solche Planetentransite hin, doch sind auch andere Gründe möglich. Um diese Fehlerquelle auszuschließen, ziehen Forscher nun auch neuronale Netzwerke hinzu, die bei der Auswertung der Daten unterstützen sollen. Diese Systeme funktionieren ähnlich dem menschlichen Gehirn und lernen selbständig anhand von Beispielen. Mit den neuen erfolgreichen Auswertungen würde sich zeigen, dass Künstliche Intelligenzen durchaus auch für die Astronomie ein gutes Werkzeug darstellen könnten, heißt es seitens der Nasa.
Genauigkeit von 96 Prozent
In der vier Jahre dauernden Beobachtungszeit durch Kepler wurden 35.000 Signale von möglichen Planeten erfasst. Die vielversprechendsten davon können mit dem menschlichen Auge identifiziert werden. Bei sehr schwachen Anzeichen sei dies allerdings nicht mehr möglich. Der Google-Softwareingenieur Christopher Shallue und Andrew Vanderburg, Astronom an der University of Texas in Austin, trainierten das neuronale Netzwerk von Google mithilfe von insgesamt 15.000 von Menschen bestätigten Planetensignalen. In 96 Prozent der Fälle schaffte es das System, echte Himmelskörper zu identifizieren. Lediglich vier Prozent waren falsch positive Befunde.
"Es ist wie die Suche nach Juwelen", erklärt Vanderburg. "Je feiner das Sieb ist, umso mehr Steine werden aufgenommen, aber es könnten sich darunter auch mehr Juwelen befinden."
Und so hat die Künstliche Intelligenz auch den achten Planeten im Kepler-90-System entdeckt. Doch dieser ist nicht der einzige gefundene Juwel. So wurden die Astronomen auch im Kepler-80-System fündig, wo sie von einem sechsten Planeten - Kepler-80g - berichten, der in etwa die Größe der Erde hat.
Kepler-90 wiederum sei eine Art Miniversion unseres Sonnensystems, betont Vanderburg. Mit ihrer Entfernung vom Stern gewinnen die Planeten an Größe. Die Forscher glauben dennoch nicht, dort Leben zu finden. In anderen Planetensystemen sei die Chance wesentlich größer. Kepler-90i sei zwar um etwa 30 Prozent größer als die Erde, doch er befindet sich so nahe an seinem Heimatstern, dass die durchschnittliche Temperatur auf seiner Oberfläche rund 430 Grad Celsius betrage - vergleichbar mit Merkur. Lediglich der äußerste Planet Kepler-90h kreist in einer ähnlichen Distanz wie die Erde zur Sonne um seinen Heimatstern.
Noch mehr Neuheiten warten
Demnächst wollen die Nasa-Experten das neuronale Netzwerk mit Keplers gesamtem Datenbestand, der 150.000 Sterne umfasst, füttern. "Die Resultate zeigen den beständigen Wert der Mission", betont Nasa-Expertin Jessie Dotson. "Ich bin mir sicher, dass in den Datensätzen noch mehr Neuheiten warten, die es zu finden gilt." Die Künstliche Intelligenz wird wohl einen großen Teil dazu beitragen.