Im "Happylab" können Bastler mit modernster Technik ihre kühnsten Träume verwirklichen. Ein Interview mit dem Geschäftsführer Roland Stelzer.
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Wem nach 3D-Drucker, CNC-Fräse, Laser-Cutter oder Schneidplotter ist, der findet diese Geräte im Happylab. Die offene High-Tech-Werkstatt wurde 2010 in Wien gegründet. Seit 2014 gibt es auch ein Happylab in Salzburg. Die Maschinen und Geräte , die dort aufgestellt sind, kann man gegen einen Mitgliedsbeitrag nach einer kurzen Einschulung frei benutzen.
Wiener Zeitung: Welche Leute kommen ins Happylab - typische Nerds, die genau wissen, was sie machen wollen?
Roland Stelzer: Die auch, aber nicht nur. Wir haben auch ganz normale Leute, die einfach nur neugierig auf Technik sind, also etwa Hobbybastler, die Lust haben, mit neuen Technologien herumzuspielen. Wir zeigen, wie es geht, es gibt kostenlose Einschulungen. Die Mitglieder arbeiten dann selbst mit den Geräten. Es ging uns darum, einen möglichst leichten Einstieg zu schaffen. Das ist auch gelungen, wir haben an den beiden Standorten mittlerweile über 2000 Mitglieder, die meisten, etwa 1800, in Wien.
1.800 Mitglieder in Wien - steigen sich die nicht gegenseitig auf die Zehen?
Das geht sich ganz gut aus. Wir haben ja sieben Tage die Woche offen, 24 Stunden am Tag. Viele Mitglieder kommen nur gelegentlich, wenn sie gerade wieder ein Projekt verwirklichen und Maschinen brauchen, die sie zu Hause nicht haben. Die nutzen das Happylab dann als erweiterte Werkstatt. Und wir haben immer noch ein starkes Wachstum. Wir sind kein Dienstleister, den man aufsucht, um einen Auftrag erledigt zu bekommen. Unsere Mitglieder arbeiten selbst mit den Geräten. Wir wollen, dass man sich mit der Technik beschäftigt - die erstaunlich einfach ist.
Aber es gibt auch professionelle Ansätze - Maschinen werden entwickelt, Designs erschaffen. Ist das Happylab auch so eine Art Kinderstube für Startups?
Ja, durchaus. Diese Breite ist ja das Besondere am Happylab: Sie reicht vom Hobbybastler bis zum Technologie-Startup. Wir haben hier auch Unternehmer, die Prototypen bauen. In der aktuellen Trend-Liste über die "Top 100 Start-Ups" finden sich zum Beispiel auch Firmen, die im Happylab Teile entwickelt haben. Allerdings habe ich keinen vollständigen Überblick, diese Art Entwicklung passiert einfach. Wir geben keine Themen vor. Wenn jemand hier ein kleines Weihnachtsgeschenk bastelt, ist es uns genauso willkommen, wie ein Roboterprojekt. Die Hauptsache ist, dass Ideen umgesetzt werden.
Ist Hi-Tech-Basteln eine Männerdomäne? Wie hoch ist der Frauenanteil im Happy Lab?
Ich schätze, dass wir mittlerweile fast ein Drittel Frauen unter unseren Mitgliedern haben. Das Verhältnis wird immer ausgewogener. Das hängt damit zusammen, dass wir das Happylab thematisch stark geöffnet haben. Wir waren am Anfang sehr stark auf Elektronik fokussiert, da finden sich viele Frauen nicht wieder. Es geht uns jetzt darum, die Technik vom Zweck zu entkoppeln. Um mit einem Lasercutter zu arbeiten, muss ich nicht wissen, wie er im Detail funktioniert, wenn ich zum Beispiel Schmuck damit erzeugen will. Wir haben aber auch Frauen, die am Elektronikarbeitsplatz löten. Und wir haben männliche Schmuckdesigner.
Wie entstand das Happylab?
Wir waren ein kleine Gruppe, die Forschungsprojekte hauptsächtlich im Bereich Robotik betrieben hat. Wir haben uns dafür unsere eigene Werkstatt eingerichtet. Die Geräte, die wir uns angeschafft haben - 3-D-Drucker, Lasercutter, etc. - können aber eigentlich für viel mehr Aufgaben genutzt werden. Wir haben bemerkt, dass da auch eine Nachfrage besteht. Und deshalb haben wir unsere Werkstatt geöffnet. Das Angebot wurde so gut angenommen, dass wir in den 2. Bezirk in größere Räume übersiedelt sind. Irgendwann sind wir dann über den Begriff des FabLabs gestolpert - diese Art Einrichtung wurde von dem MIT-Professor Neal Gershenfeld so genannt. In dem Konzept, das Gershenfeld vorgestellt hat, haben wir uns dann auch selbst gesehen - unser Projekt hatte damit auch gleich einen wissenschaftlichen Namen.
Wie wird das Happylab finanziert? Ist es selbsttragend, oder gibt es Subventionen?
Das Happylab wurde im Rahmen eines Vereins entwickelt und später in eine Ges. m. b. H. umgewandelt. Die Firma ist mittlerweile selbsttragend. In der Anfangszeit haben wir Förderungen bekommen. Es gibt natürlich immer wieder geförderte Projekte, bei denen wir mitmachen. Aber der laufende Betrieb ist selbsttragend und kommt ohne Subventionen aus.
In Wien gibt es mittlerweile mehrere Maker-Spaces - etwa das Metalab Wien, Maker Austria oder die Selbermacherei. Entspricht das dem gestiegenen Publikumsinteresse, oder gibt es eine Konkurrenzsituation? Gibt es schon zu viele Angebote, oder immer noch zu wenig?
Ich denke, es ist auf jeden Fall Platz für alle. Was die Mitgliederzahlen angeht, ist das Happylab sicher das deutlich größte Angebot. Aber es gibt Überschneidungen - Leute, die bei uns Mitglied sind, nutzen auch die Angebote der anderen. Da hat jeder seine Zielgruppe. Während in meiner Wahrnehmung etwa beim Metalab die Open-Source-Community sehr stark vertreten ist, geht es bei der Maker Austria auch um das Handwerken im klassischen Sinn.
Der Maschinenpark, der im Happylab steht, 3D-Drucker, CNC-Fräse, Laserplotter, Lasercutter, das sind ja die Funktionseinheiten des sogenannten digitalen Produzierens. Man macht am Computer die Vorgaben, die Maschinen setzen sie um. Das ist eine sehr moderne Produktionsweise, in der einige Theoretiker Vorboten einer neuen Form des Wirtschaftens sehen: Diese Produktionsmittel sind so beschaffen, dass sie wieder in die Hände jener kommen, die produzieren. Sehen Sie das auch so? Stehen wir vor einschneidenden Änderungen bei Arbeits- und Produktionsweisen?
Ja, definitiv. Wir sehen ja, dass das eine Bewegung ist. Und man hat das auch auf der Maker Faire gesehen, die wir heuer veranstaltet haben: Zu dieser Messe ist wirklich jeder hingegangen, vom Kleinkind bis zum Opa, vom Künstler bis zum Techniker, und für alle war etwas dabei. Die Maker Faire ist eine weltweite Veranstaltung mit exponentiellem Wachstum, sowohl was die Besucher, als auch die Aussteller betrifft. Auch bei uns im Happylab steigen die Mitgliederzahlen beständig an. Und die Maker Spaces und FabLabs vermehren sich auch.
Dabei geht es zentral um die Demokratisierung der Produktion und der Produktionsmittel. Es hat ähnliche Dimensionen wie der Umbruch in den 80er-Jahren, als der Personal Computer aufkam. Davor gab es nur wenige Auserwählte, die auf digitale Rechnerleistung zurückgreifen konnten. Heute kann das jeder, und nun gilt das eben auch für Maschinen wie den 3-D-Drucker. Die waren auch jahrzehntelang nur wenigen, großen Industriebetrieben vorbehalten. Diese Entwicklung wird sich noch beschleunigen, die Geräte werden billiger und einfacher zu bedienen sein. Und das ist auch eine Chance für österreichische Betriebe. Ein Beispiel ist der Lasercutter-Hersteller Trotec - für solche Firmen tut sich ein Weltmarkt auf. Die hatten früher ausschließlich Kunden aus der Industrie, heute können sie auch die Maker und ihre Infrastruktur bedienen.
Dann fehlt es eigentlich an nichts, Menschen mit Ideen können jederzeit loslegen?
Man braucht heute keine drei Jahre Ausbildung mehr, um eine CNC-Maschine zu bedienen. Plötzlich kann jeder eine Idee selbst umsetzen und braucht dafür weder einen Haufen Geld noch eine Marketing-Abteilung. Wenn wir von der nächsten industriellen Revolution reden: Hier beginnt sie. Die Menschen hatten immer gute Ideen, aber in der Vergangenheit war es wirtschaftlich riskant, sie umzusetzen. Heute genügt es im Wesentlichen, Zeit zu investieren.
Sind die Maker nicht auch Außenseiter in der österreichischen Wirtschaft, in der doch alles genau geregelt ist?
Ich sehe, dass es ein riesiges Potential gibt. Ständig kommen Leute mit tollen Ideen, und sie setzen sie auch um. Aber es ist auch öfter passiert, dass sie dann keine Möglichkeit erhielten, ihr Projekt auch wirtschaftlich zu nutzen. Meist scheitern sie an der Wirtschaftskammer und der Gewerbeordnung. Es reicht einfach nicht, von den Menschen Kreativität und unternehmerisches Denken einzufordern. Und es ihnen wieder zu verbieten, wenn sie für den Markt reif sind. Sie haben das Know-How, aber es fehlen ihnen die richtigen Zeugnisse und Dokumente, der richtige Zettel. Es gibt kein Verständnis dafür, dass man auch auf anderen als den üblichen Wegen zu Know-How gelangen kann. Oft gelingt das sogar effizienter und macht mehr Spaß.
Wir hatten zum Beispiel jemanden hier, der Designs für Ledertaschen mit dem Lasercutter entworfen hat. Um das gewerblich zu machen, braucht er aber einen Lehrabschluss für Taschenmacherei oder so ähnlich. Jemand anderer hat für eine große Drogeriekette einen automatisierten Messestand entworfen. Als er das professionell machen wollte, wurde ihm beschieden, dass er einen Mechatronik-Abschluss braucht. Er hatte aber bloß ein abgeschlossenes Architektur-Studium. Der Mann hat sich jahrelang mit Elektronik beschäftigt. Es wäre gut, wenn sich Österreich ein wenig mehr Innovation gestatten würde.
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