Vorerst nur Ausweitung auf Supermärkte, Banken und die Post sowie in einigen Bundesländern beim Gottesdienst.
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Zehn Lockerungsschritte hat es seit dem Lockdown gegeben, nun gibt es wieder die erste, bundesweite Verschärfung. Damit reagiert die Bundesregierung auf die seit Anfang Juli leicht gestiegenen Infektionszahlen. In den vergangenen Tagen zeigt der Trend wieder abwärts, und wirklich scharf sind die nun vorgestellten Maßnahmen nicht. Die Verpflichtung zum Tragen der Maske wird etwas ausgeweitet, aber nicht sehr, die Kontrollen bei der Einreise aus Hochrisikoländern (vor allem Balkan) werden aufgrund zunehmender Einschleppungen erhöht. "Uns ist es wichtig, Signale zu setzen", sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne).
Der Regierung geht es um das "Wiederinstallieren der Warnsysteme", wie es Anschober auf der ursprünglich für Sonntag avisierten, aber wegen des EU-Gipfels zweifach verschobenen Pressekonferenz formulierte. Das Tragen der Maske wird demnach auch nicht, wie noch im April, auf sämtliche geschlossenen öffentlichen Orte ausgeweitet. Die Verpflichtung zum Mund-Nasen-Schutz kehrt – ab Freitag – vorerst nur in Supermärkten sowie in Bank- und Postfilialen zurück. Die Regierung argumentierte dies damit, dass es Orte seien, die nicht gemieden werden können. Man müsse einkaufen oder in die Bank gehen. Dadurch sollen "besonders Schutzbedürftige", also ältere Personen, besser vor einer Infektion geschützt werden.
Kurz: "Es sind Ermessensentscheidungen"
"Es sind Ermessensentscheidungen, die wir hier treffen", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). "Man hätte die Grenze, wo man die Maske trägt, auch woanders ziehen können." Damit bleibt in den meisten Geschäften, in Trafiken, Cafés, im Bahnhof alles beim Alten. Von einem schärferen Einschreiten sieht die Regierung vorerst ab, zumal die Fallzahlen wieder etwas rückläufig sind.
Wie groß der Effekt dieser Maßnahme, von der die breite Bevölkerung betroffen ist, sein wird, ist fraglich. Weltweit sind nur sehr wenige Fälle dokumentiert, bei denen Infektionsketten in Supermärkten oder auf der Post ihren Ausgang genommen hatten. Epidemiologisch spielen diese Infektionsorte eine untergeordnete Rolle, mit und ohne Maske. Es gab in Asien nur einige, kleinere Cluster in Shoppingmalls, diese bleiben in Österreich aber vorerst auch ohne Maske betretbar, sieht man von Supermärkten ab, die sich in Einkaufszentren befinden.
Einschränkend muss erwähnt werden, dass es sich gerade bei Geschäften um öffentliche Orte handelt, wo einander Fremde oft nur sehr kurz begegnen. Das reduziert zwar einerseits das Risiko einer Übertragung, andererseits ist die Rückverfolgung der Infektionen dadurch schwieriger. Übertragungen, die tatsächlich dort passieren, könnten daher öfter auch verborgen bleiben als bei Clustern, die bei einer Familienfeier oder in einer Kirche ausbrechen.
Für spezifische Gruppen setzt die Bundesregierung aber auch etwas schärfere Maßnahmen, wobei teilweise der Handlungsspielraum nicht sehr groß ist. In diesen Fällen besteht die Maßnahme auch eher aus dem Ton der Appelle, die nun dringlicher werden. Der Kanzler bat etwa explizit darum, von Reisen in stark betroffene Balkanstaaten in diesem Sommer abzusehen. "Bitte unterlassen Sie Reisen in diese Region", sagte Kurz. "Ich verstehe die menschliche Verbundenheit und die Nähe, aber die epidemiologische Entwicklung ist eine schlechte." Die höchste Reisewarnstufe gilt für die Länder am Balkan bereits seit Wochen, Einreisende müssen sich in zweiwöchige Selbstquartantäne begeben. Diese soll nun noch stärker kontrolliert werden. Auch Anschober verwies auf die Bedeutung von Einschleppungen auf das gegenwärtige Infektionsgeschehnen. "Es gibt schon sehr viel mehr Verkehr, Begegnung und Aktivität."
Corona-Ampel wird nächste Woche beschlossen
Neu für Einreisende ist die Notwendigkeit, einen aktuellen PCR-Test aus einem zertifizierten Labor vorzulegen. Gibt es im Reiseland keinen Zugang dazu, kann dieser in Österreich binnen 48 Stunden (bei privaten Labors) nachgeholt werden – unter strenger Einhaltung der Selbstquarantäne. Laut Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) gab es bereits 260 Strafen wegen Quarantäneverstößen, darauf stehen Strafen bis zu 1450 Euro. Wer als Infizierter die Quarantäne bricht, kann auch strafrechtlich belangt werden, sagte Nehammer.
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In stark betroffenen Bundesländern wird auch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bei Gottesdiensten wieder verpflichtend sein, teilweise kann es auch zu Aussetzungen von Gottesdiensten kommen. Zuletzt gab es Infektionshäufungen bei zwei Freikirchen, zwei serbisch-orthodoxen und einer katholischen Kirche. Eine allgemeine Maskenpflicht wird es für Gottesdienste (vorerst) nicht geben. Einige Bundesländer haben derzeit nur sehr wenige Fälle, in Kärnten sind es 18 Infizierte, in Vorarlberg nur 6. Die Maskenpflicht im Supermarkt gilt allerdings auch in diesen Bundesländern.
Kommende Woche soll auch das System der "Corona-Ampel" stehen und im Ministerrat beschlossen werden. Im August will die Regierung einen Testlauf vornehmen, im September soll sie starten. Die Ampel soll zwar ein regionales Vorgehen ermöglichen, das jedoch nach einheitlichen Kriterien funktioniert. Die Leitlinien, nach denen die lokalen Gesundheitsbehörden dann vorgehen, sollen im August entwickelt werden.
Von der Opposition kamen kritische Reaktionen. Die SPÖ begrüßt zwar grundsätzlich die Maßnahme, ihr fehle aber ein Gesamtkonzept, hieß es in einer Aussendung. Die Neos vermissen "evidenzbasierte Maßnahmen", die FPÖ sieht die Maske als Schikane, außer Symbolik hätte diese keinen Effekt, so Klubchef Herbert Kickl. (sir)