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Mailadresse, Name, Geschlecht, Geburtsdatum und Passwort - und schon ist das "Gefällt mir"-Reich betreten. Während sich die notorischen Zweifler spätestens bei der Eingabe des Geburtsdatums die Frage stellen, wozu Facebook diese Information braucht, tippt die Mehrheit ohne zu Zaudern brav jedes Eingabefeld voll - und das absolut wahrheitsgetreu mit echten Daten. Für die Anbieter von sogenannten Sozialen Netzwerken ist die Datenfreizügigkeit der Internet-User ein Segen. Denn wenn aus einem emotionalen Bedürfnis - Mann sucht Frau - ein Geschäftsfeld - Mann sucht Geld - wird, wie es etwa bei Facebook der Fall war, dann sind Daten ein wichtiger Bestandteil des ökonomischen Unterfangens. Denn Daten bringen Geld.
Auch Google Plus, das zunächst datenschutzrechtlich klarer als Facebook agiert, hat es - wie könnte es anders sein - auf die Daten seiner User abgesehen. Wie zuletzt bekannt wurde, arbeitet man in Mountain View bereits an der Vermarktung der User-Daten. Und da wird bei Google bekanntlich geklotzt und nicht gekleckert. Medien berichten bereits von einer Super-Datenbank, die die Herzen der Werbetreibenden höher schlagen lässt.
Über einen Mangel an Daten brauchen sich Facebook, Twitter und Co. keine Sorgen machen. Die Internet-Generation ist mitteilsam. Das Private wird gerne öffentlich gemacht, soziale Kontakte im Netz gepflegt. Studien haben ermittelt, dass Facebook-User auch im realen Leben kontaktfreudig sind. Der typische Internet-Nerd (so die despektierliche Bezeichnung von Computer-Sonderlingen) ist auf sozialen Plattformen kaum anzutreffen.
Während weltweit Datenschützer einen fast aussichtslosen Kampf gegen diverse Internetdienste führen und sich nur über kleinere Erfolge freuen dürfen, macht sich der typische User keinerlei Gedanken über seine Auskunftsfreudigkeit. Was mit den Daten passiert, ist den meisten Usern schlicht egal. Ein kurzes Unwohlsein keimt zwar hie und da auf, wenn plötzlich die eigenen Kontakte aus Outlook oder dem iPhone verwertet werden, doch mehr als ein Achselzucken ist als Reaktion nicht drinnen. Meist kombiniert mit anerkennendem Staunen über die technische Entwicklung. Und wer sich dann doch ärgert, dass seine Kontakte bekannt wurden, lässt sich auf keine Klage ein. Denn wer zieht gerne gegen einen Internet-Giganten vor Gericht?
Eine andere Gefahr wird auch nicht wirklich beachtet. Neben äußerst sozialen Wesen sind auch Kriminelle auf sozialen Plattformen aktiv. Sie suchen aktiv Opfer - und finden sie auch. Mitunter werden spektakuläre Fälle bekannt, doch viele Straftaten gelangen nie an die Öffentlichkeit. Da nützen auch Aktionen wie jene des ehemaligen Hackers und nunmehrigen Blogschreibers Kevin Poulsen nichts, der 2006 Kinderschänder bei MySpace auffliegen ließ.
Wer sich im Zeitalter des freudvollen Massen-Outings vor den realen Gefahren des virtuellen Lebens schützen will, sollte sich als Leitsatz einen sarkastischen Songtext von Dr. Hook zu eigen machen: Jeder liebt mich, aber ich bleibe paranoid!