Machtkampf um Präsidentschaft forderte tausende Todesopfer. | Abidjan. (dpa) Schon seit Jahren organisiert Losseni Foumba auf einem sandigen Bolzplatz in Yopougon, einem der größten Vororte von Abidjan, Fußballturniere für Kinder. Doch der Sportplatz in der wichtigsten Hafenstadt des westafrikanischen Staates Elfenbeinküste (Cote dIvoire) ist nicht länger mit der Erinnerung an Ballduelle und Tore verbunden. In der vergangenen Woche wurden hier in einem Massengrab Tote entdeckt, Opfer des monatelangen blutigen Machtkonflikts zwischen dem kürzlich vereidigten Präsidenten Alassane Ouattara und dessen abgewähltem Vorgänger Laurent Gbagbo, der die Macht nicht abgeben wollte.
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"Die Leichen waren nicht besonders tief begraben", berichtet Foumba. "Sie waren nur mit Sand bedeckt. Der Regen hat den Sand weggewaschen und verweste Leichen freigelegt." Noch immer kann er es wie viele der Nachbarn kaum fassen. "Unser Fußballplatz ist ein Massengrab geworden und statt des Balls hätten unsere Söhne womöglich die Schädel der Toten getroffen."
Erst am Montag waren in Yopougon in einem Massengrab mindestens 50 Leichen entdeckt worden. Es war die zehnte Begräbnisstätte dieser Art, die bisher allein in Abidjan aufgespürt wurde. UNO-Menschenrechtsexperten rechnen damit, dass es noch weitere Funde geben wird, die den Versöhnungsprozess in dem tief gespaltenen Land weiter erschweren könnten.
Opfer waren Zivilisten
Im Fall des Fußballplatzes von Yopougon waren wohl Gbagbo-Milizen die Täter - sie hatten das Gebiet Monate lang kontrolliert. In anderen Orten, etwa in Duekoue im Westen des Landes, sollen die Kämpfer Ouattaras verantwortlich für den Tod Hunderter Menschen sein, deren Leichen in den vergangenen Wochen entdeckt wurden. "Es ist zu früh zu sagen, ob die Toten von Gbagbos Truppen getötet wurden oder Opfer von Racheakten der Ouattara-Soldaten wurden", mahnt ein internationaler Helfer, der anonym bleiben will.
"Die meisten der Opfer trugen keine Uniform", erzählt ein Anrainer. "Auch Frauen und Kinder waren darunter." Es sind zivile Opfer wie diese, die den Aussöhnungsprozess schwierig machen dürften.
Die Spaltung entlang ethnischer und religiöser Grenzen, die mit den Wahlen im vergangenen November eigentlich überwunden werden sollte, ist eher tiefer geworden. Jede der einstigen Konfliktparteien versucht nun der Gegenseite die Verantwortung für die schlimmsten Massaker und Verbrechen zuzuweisen. Nach UNO-Schätzungen sind in dem Konflikt mindestens 3000 Menschen ums Leben gekommen.
Seydou Kone, der erst vor wenigen Wochen nach der Flucht vor den Kämpfen in seine Wohnung in der Nähe des Fußballplatzes zurückkehrte, ist aufgewühlt. "Hier haben unsere Kinder ihre Fußballidole nachgeahmt. Viele unserer internationalen Stars haben auf diesem Platz angefangen", sagt er bekümmert. "Aber jetzt ist dieser Platz ein Friedhof. Unsere Kinder haben keinen Ort mehr, um Spaß zu haben."