Sozialisten planen liberales Gesetz. | Konservative machen mobil. | Madrid. (apa) "Jedes Leben ist wichtig". Die von der spanischen Regierung geplante Liberalisierung des Abtreibungsgesetzes treibt konservative Spanier auf die Barrikaden. "Jedes Leben ist wichtig", heißt auch das Aktionsbündnis von mehr als 40 Vereinigungen, die gemeinsam zum Protest in der spanischen Hauptstadt aufrufen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Wir rechnen mit rund zwei Millionen Menschen, die am Marsch für das Leben teilnehmen werden", erklärte Benigno Blanco, Präsident des spanischen Familienforums und Mitveranstalter der Demonstration. Blanco hatte während der Regierungszeit (1996 - 2004) des konservativen Regierungschefs Jose Maria Aznar (Volkspartei/PP) das Amt eines Staatssekretärs innegehabt. Nun führt er die Massen zum Protest gegen den sozialistischen Regierungschef Jose Luis Rodriguez Zapatero und sein Abtreibungsgesetz.
Mehrheit gegen Gesetz
Die Organisatoren haben mehr als 600 Busse gemietet, um die Menschen aus allen Landesteilen nach Madrid zu bringen. Neusten Zahlen zufolge ist die Mehrheit der Spanier gegen das neue Gesetz. Laut einer Umfrage der Zeitung "La Vanguardia" sprechen sich 46 Prozent der Spanier gegen das neue Abtreibungsgesetz aus und 44 Prozent dafür. Vor einem Jahr waren noch 57 Prozent dafür und 30 Prozent dagegen. Grund ist vor allem das Recht von Minderjährigen zwischen 16 und 18 Jahren, ohne Erlaubnis ihrer Eltern abtreiben lassen zu können.
Bibiana Aido, Spaniens Gleichheitsministerin, verteidigt unterdessen das Gesetz. "Erst im vergangenen März hat uns die Mehrheit der Spanier erneut in die Regierung gewählt und damit den Wunsch geäußert, dass wir mit unseren Sozialreformen fortfahren", so Aido. "Abtreibung dürfe in Spanien keine Straftat mehr bleiben und müsse zu einem Recht der Frauen werden", so die sozialistische Ministerin weiter.
Den neuen Gesetz zufolge sollen Schwangerschaftsabbrüche künftig bis zur 14. Woche straffrei bleiben. In Sonderfällen - wie bei gesundheitlichen Gefahren für die Frau oder bei schweren Missbildungen des Fötus - sollen Abtreibungen bis zur 22. Schwangerschaftswoche zulässig sein. Für spätere Abtreibungen ist das Einverständnis eines Ärztekomitees erforderlich. Lässt eine Frau außerhalb dieses Rahmens abtreiben, droht ihr nicht mehr wie bisher eine Gefängnisstrafe, sondern nur noch eine Geldbuße.
Abtreibung verboten
Nach der derzeitigen Gesetzgebung sind Abtreibungen in Spanien grundsätzlich verboten. Nur in Ausnahmefällen sind sie zugelassen, wie nach Vergewaltigungen, bei Missbildungen des Fötus oder bei Gefahren für die Gesundheit der Schwangeren. Dennoch verdoppelte sich die Zahl der Abtreibungen in den vergangenen zehn Jahren auf 112.000.
Für besonders heftige Debatten sorgte das in dem neuen Abtreibungsgesetz vorgesehene Recht von Mädchen ab 16 Jahren, ohne Wissen oder Einverständnis ihrer Eltern abtreiben zu lassen. "Eine Abtreibung ist kein Eingriff, wie sich einen Zahn ziehen lassen. Wie können wir minderjährige Mädchen mit solch einer Belastung alleine lassen, wie es das neue Gesetz vorsieht?", fragt sich Benigno Blanco.
Sollte der von der Regierung beschlossene Gesetzentwurf spätestens im Frühjahr vom Parlament abgesegnet werden, wird Spanien eines der liberalsten Abtreibungsrechte der Welt haben. "Wir werden aber alles Mögliche tun, damit dieses Abtreibungsgesetz nicht verabschiedet wird", kündigte Soraya Saenz, Sprecherin der PP an.