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Massensterben im Meer

Von Heiner Boberski

Wissen
Meeresbiologie mit dem Unterwassergerät EAGU (Experimental Anoxia Generating Unit).
© Michael Stachowitsch

Weltweit gibt es 400 Todeszonen: insgesamt 250.000 Quadratkilometer. | Pionierarbeit von Wiener Biologen. | Wien. Ändert sich der Sauerstoffgehalt des Wassers, so ändern auch Meeresbewohner ihr Verhalten. In sogenannten Todeszonen, wo der Sauerstoff ganz schwindet, endet ihr Kampf ums Überleben meist mit einem Massensterben. Weltweit sind bereits 400 Todeszonen mit einer Gesamtfläche von mehr als 250.000 Quadratkilometern -etwa dreimal so groß wie Österreich - bekannt. Und sie weiten sich aus - wesentliche Ursachen dafür sind verschmutzte Flüsse und die globale Erwärmung.


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Was sich im Detail in solchen Zonen tut, war noch kaum erforscht. Nun haben Forscher der Universität Wien es erstmals geschafft, Sauerstoffkrisen im Meer kleinsträumig nachzustellen. Mit Hilfe ihres Projektes können diese frühzeitig erkannt werden. Den Schlüssel dafür liefern die bedrohten Tiere selbst - durch ihr Verhalten.

Michael Stachowitsch vom Department für Meeresbiologie erklärt: "Wir erforschen, was sich im Detail am Meeresgrund der Adria abspielt, wenn der Sauerstoff zur Neige geht und zwar davor, währenddessen und danach. Dabei beobachten wir, wie Tierarten auf den Sauerstoffmangel genau reagieren. Manche beispielsweise versuchen zu fliehen und drängen nach oben in höhere Wasserschichten. Andere wieder vermindern ihre Aktivität oder legen komplett unnatürliches Verhalten an den Tag. Ziel unseres Projektes war es, einen detaillierten Katalog zu erstellen, der genau diese Verhaltensweisen beschreibt und einem bestimmten Sauerstoffgehalt im Wasser zuordnet."

Der Verhaltenskatalog erlaubt ohne kosten- und zeitintensives Messen Rückschlüsse auf den Zustand des Wassers. Der Katalog wird von Stachowitsch gemeinsam mit Bettina Riedel und Martin Zuschin erarbeitet, erste Teile werden im August veröffentlicht.

Getreu der Tradition der in der Fachwelt sehr angesehenen "Wiener Schule der Meeresbiologie" wird nicht - wie vielfach üblich - rein am Computer oder in einem Labor geforscht, sondern "in situ", also am Ort des Geschehens. Dieser ist in diesem Fall der Meeresgrund der Adria zwei Kilometer vor Piran, Slowenien.

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Zur Herstellung von Sauerstoffarmut konstruierte das Team ein spezielles Unterwassergerät: EAGU (Experimental Anoxia Generating Unit), ein 50 x 50 x 50 Zentimeter großer Plexiglaswürfel mit Hightech-Ausrüstung, liefert wichtige Daten über die Wasserqualität. Bettina Riedel erklärt: "24 Stunden lang beobachten wir das Leben im normal-sauerstoffhaltigen Wasser. Dann wird der Kubus verschlossen. Innerhalb von wenigen Tagen ist sämtlicher Sauerstoff im EAGU aufgebraucht." Das sich verändernde Verhalten der Tiere wird bildlich festgehalten und kann den einzelnen Sauerstoff-Kategorien zugeordnet werden.

Das Projekt, unterstützt vom Forschungsfonds FWF, stellt einen Leitfaden zur Früherkennung von Todeszonen dar. Der erstellte Katalog könnte dazu beitragen, dass die Politik im Ernstfall die nötigen Maßnahmen setzt - zum Beispiel Einstellung der Fischereiaktivitäten im betroffenen Gebiet, um dem Ökosystem die Chance zur Regenerierung zu geben.