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"Nötige Sorgfalt bei Hypo nicht eingehalten." | Klagenfurt. Es könnte die Trumpfkarte der Staatsanwaltschaft im ersten Hypo-Strafprozess am Landesgericht Klagenfurt sein, und am Mittwoch - dem wahrscheinlich vorletzten Prozesstag - wurde diese ausgespielt: Ein Gerichtsgutachten, das der Wirtschaftsprüfer Karl Bruckner erstellt hat, übt massive Kritik an der Entscheidung der Kärntner Bank, im Jahr 2005 zwei Millionen Euro an die marode Fluglinie Styrian Spirit zu verborgen. Bei der Erörterung des Gutachtens fand Bruckner deutliche Worte.
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"Wenn man sich die Unterlagen der Styrian anschaut, zieht sich die Geldnot wie ein roter Faden durch die kurze Geschichte des Unternehmens", so der Sachverständige. "Styrian hat die ganze Zeit eine Bugwelle an Schulden vor sich hergeschoben." Wegen dieser Vorgeschichte wären seitens der Bank bei der Kreditvergabe besondere Sorgfaltspflichten zu beachten gewesen, erklärt Bruckner.
Diese seien jedoch nicht eingehalten worden, meint der Gutachter: Vor der Bewilligung der ersten Kredittranche Ende August 2005 wäre es verabsäumt worden, Informationen über den - deutlich unterplanmäßigen - Geschäftsgang des ersten Halbjahres einzuholen. Bei der Vergabe der zweiten Tranche einen Monat später wären die Halbjahreszahlen dann bereits bekannt gewesen. "Die Kreditausweitung war ohne zusätzliche Sicherheiten wirtschaftlich nicht vertretbar", so Bruckner.
Die Anklage wirft Ex-Hypo-Konzernchef Wolfgang Kulterer, dem ehemaligen Hypo-Österreich-Chef Gert Xander und einem früheren Prokuristen der Bank Untreue in Zusammenhang mit der Styrian-Kreditvergabe vor. Die Fluglinie ging im März 2006 pleite, die Hypo verlor die verborgten zwei Millionen Euro. Die Angeklagten bestreiten, dass dies bei der Kreditvergabe absehbar gewesen sei, es gilt die Unschuldsvermutung.
Wer war verantwortlich?
Eine der Kernfragen dürfte nun sein, wer tatsächlich für die Überprüfung der Halbjahreszahlen der Fluglinie verantwortlich gewesen ist. Der für Styrian zuständige Kreditsachbearbeiter ist - anders als seine Chefs - nicht angeklagt. Auch nach neun Verhandlungstagen ist unklar, wer eigentlich den Kredit verhandelt hat.
Kein Gehör finden die Verteidiger der Angeklagten beim Sachverständigen, wenn sie darauf verweisen, dass das Land Kärnten maßgeblich an Styrian beteiligt und steuernd eingebunden gewesen ist - und eine Pleite deshalb nicht absehbar gewesen wäre. Solange der Eigentümer keine Sicherheiten - etwa in Form einer Haftung - stellt, sei das nicht als hartes Faktum bei der Kreditentscheidung zu berücksichtigen, meint Bruckner. "Das ist sicher ein Mosaiksteinchen bei der Gesamtbeurteilung, aber keine Sicherheit."
Ein Urteil zum Fall Styrian Spirit - und auch zu einem Blanko-Kredit an den Privatdetektiv Dietmar Guggenbichler - könnte bereits am Dienstag gefällt werden. Der dritte Anklagepunkt - ein Vorwurf der Falschaussage gegen Kulterer - wird gesondert weiterverhandelt. Kulterer weist auch hier jedes Fehlverhalten von sich, es gilt die Unschuldsvermutung.
Zeitgleich mit dem Gerichtsprozess hat am Mittwoch auch eine Sitzung des Hypo-Untersuchungsausschusses des Kärntner Landtags stattgefunden. Prominentester Zeuge war Ex-Hypo-Vorstand Günter Striedinger, der in seiner Aussage die ehemalige Hypo-Mutter BayernLB scharf kritisierte. Diese habe das Thema Hypo "aufgekocht", um von ihren eigenen Problemen im Rahmen der Finanzkrise abzulenken, so Striedinger laut Austria Presse Agentur. Die spätere Verstaatlichung wäre nicht notwendig gewesen.