Kim Jong-un rechnet in seiner Neujahrsrede mit Onkel Jang Song-thaek ab.
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Pjöngjang/Seoul/Wien. "Liebe Genossen! Liebe Offiziere und Soldaten der Volksarmee, liebes ganzes Volk, liebe Landsleute und Brüder!" So begann Nordkoreas Machthaber, Kim Jong-un seine zweite Neujahrsansprache am 1. Jänner des Jahres Juche 103 nach Kim Il Sung, dem Großvater von Kim Jong-un.
Seine Ansprache war aber auch eine Abrechnung mit der Vergangenheit. Denn im Dezember 2013 ließ er seinen in Ungnade gefallenen Onkel Jang Song-thaek mit Maschinengewehrsalven hinrichten. "Unsere Partei hat im verflossenen Jahr in der pulsierenden Zeit des Kampfes für den Aufbau eines starken Staates die einschneidende Maßnahme zur Beseitigung des sektiererischen Mülls getroffen, der sich in ihrer Reihe versteckt hielt", erklärte Kim. "Sie hat in der rechten Zeit mit folgerichtigem Entschluss die parteifeindliche und konterrevolutionäre Sektiererclique aufgedeckt und liquidiert, wodurch die Partei und die revolutionäre Formation weiter erstarkten und sich unsere einmütige Geschlossenheit hundertfach gefestigt hat."
Südkorea fürchtet militärische Provokationen
Die Regierung in Seoul fürchtet eine wachsende Instabilität im nördlichen Nachbarland und mögliche Provokationen durch das nordkoreanische Militär, um von den inneren Vorgängen abzulenken. Laut Berichten der "New York Times" ging es im Konflikt zwischen Kim Jong-un und dessen Onkel Jang auch um die Einkünfte aus Fischfarmen, die Jang unter seine persönliche Kontrolle gebracht haben soll.
Kim müsse nach dem Machtkampf eine schwierige Balance zwischen der Partei der Arbeit Koreas (seiner politischen Machtbasis) und der Armee finden, analysiert Sukjoon Yoon, Professor an der Sejong University und früherer Kapitän der südkoreanischen Marine. Er sieht eine Notwendigkeit für China, Kim mit "stiller Diplomatie" zum "strategischen Dialog" zu bewegen, die USA und Südkorea bräuchten weiter Geduld, bis sie einen Modus vivendi mit der Führung in Pjöngjang" finden könnten.
Kim warnt die USA vor einem totalen Krieg
Nordkoreas Machthaber kritisierte in seiner Rede auch Manöver, die die US-Marine regelmäßig gemeinsam mit südkoreanischen Streitkräften vor der Küste der Koreanischen Halbinsel abhält. Durch diese Manöver könnte eine "gefährliche Lage" entstehen, "in der sich auch ein kleiner eventueller militärischer Zusammenstoß zu einem totalen Krieg ausweiten könnte". Und wenn das passiere, dann drohe eine "unheimliche nukleare Katastrophe", von der auch die USA "keinesfalls verschont" bleiben würden.
Neben diesen Drohgebärden kamen allerdings auch versöhnliche Worte aus Pjöngjang: "Es muss eine Atmosphäre für die Verbesserung der Beziehungen zwischen Nord und Süd geschaffen werden."