+++ Post muss vor Börsegang 300 Mio. Euro abliefern, warnt Matznetter.
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Wien. Mit dem Postverkauf über die Börse hat SPÖ-Finanzsprecher Christoph Matznetter wenig Freude. Zwar möchte er nicht genereller Privatisierungsverhinderer sein, äußert aber schwerwiegende Bedenken.
So sei es wenig sinnvoll die gelbe Post, die kaum noch ein Ostgeschäft hat, über den Kapitalmarkt zu verkaufen. Er hält es in Anlehnung an jüngste Börsegänge (Raiffeisen International, Wiener Städtische oder Erste Bank) für besser, dem Dienstleister noch Zeit zu lassen, bis er eine Logistiktochter mit Ostkompetenz aufgebaut hat. Diese sollte dann erst privatisiert werden.
Kein Verständnis hat Matznetter jedoch für Pläne, "der Post vor dem Verkauf noch 300 Mio. Euro über eine Sonderdividende abzupressen". Dies sei nämlich von der Regierung geplant. Der Finanzsprecher verweist auf eine Gesetzesvorlage, die im nächsten Finanzausschuss behandelt werden soll. Durch diese soll die ÖIAG ermächtigt werden, ihre Unternehmen anzuweisen, schon bei der Zwischenbilanz Kapitalrücklagen aufzulösen, um sie als vorgezogene Dividende auszuschütten.
Sollte die Post aber vor dem Börsegang zum Aderlass gebeten werden und auch von den Verkaufserlösen nichts bekommen (wovon alle Experten ausgehen), dann stünde die Zukunft des Unternehmens auf wackligen Beinen. Für hochtrabende Expansionspläne bliebe jedenfalls ohne prall gefüllte Kriegskasse kein Geld, so Matznetter. Obendrein seien weitere Postamtschließungen zu befürchten.
Er verweist darauf, dass in Europa nur zwei Postdienstleister privatisiert wurden: die deutsche und die niederländische Post. Beide hätten jedoch nicht die flächendeckende Versorgung im schwer zugänglichen ländlichen Raum sicherstellen müssen. Außerdem hätten die beiden weltgrößten Logistiker mit ihren Töchter eine gänzlich andere Struktur und außerdem Profitträger wie die Postbank. Daher fordert er eine Nachdenkpause, bis die Expansionspläne ausgereift sind.
Kombilohn-Skepsis
Skeptisch zeigt sich der WKÖ-Vizepräsident auch gegenüber dem Kombilohn. Dauerhafte Lohnzuschüsse seien nicht wünschenswert. Auch hätten manche Wirtshaftstreibende das Nachsehen: "Jeder Unternehmer, der Lehrlinge anstellt ist gelackmeiert. Denn dieser kann den geförderten Lohn nicht in Anspruch nehmen." Begünstigt würden indes Firmenbosse, die das Hire&Fire-Prinzip anwenden würden. Matznetter plädiert stattdessen für eine höhere Negativsteuer.