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Mauer als "Schutz" vor Roma-Familien

Von Michael Schmölzer

Politik

Die slowakische Gemeinde Presov will Roma-Familien durch eine Mauer von der Mehrheitsbevölkerung trennen. Die Verantwortlichen reagieren damit auf "unzumutbare Zustände", die in einer Siedlung herrschen sollen. Eine ähnliche Initiative in Böhmen ist nach internationalem Protest gescheitert.


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Die Bauten, die jetzt durch die Errichtung einer Mauer vom Rest der Stadt abgetrennt werden sollen, wurden für sozial schwache Menschen aus dem Boden gestampft - Mieten und Betriebskosten sind dort keine zu entrichten. Nach einigen Jahren der Nutzung sind die von rund 2.000 Angehörigen der Roma-Minderheit bewohnten Einrichtungen nach Aussagen von Anrainern verwüstet, die Abfälle würden die Umgebung in Mitleidenschaft ziehen.

Während die Mehrheit der betroffenen Bevölkerung die Maßnahme der Stadtverwaltung begrüßt, melden sich in der Slowakei auch kritische Stimmen zu Wort. Vorbehalte gegen den Bau der Mauer äußert etwa Peter Nemeth, der in der Siedlung ein Projekt des belgischen Roten Kreuzes koordiniert. Er bezeichnete den Mauerbau als keine adäquate Lösung für die Probleme, die ohne Zweifel bestünden. Klara Orgovanova, slowakische Regierungsbeauftragte für Roma-Fragen, nimmt die Minderheit ebenfalls in Schutz: "Ich verstehe, dass die Verwüstung der neuen Wohnungen Empörung auslöst", in Anbetracht hoher Arbeitslosigkeit und Platznot sei aber "schwer zu sagen, wer Schuld an der Situation trägt".

Die in P ø esov angepeilte Lösung wurde bereits 1999 in der nordböhmischen Stadt Ú stí nad Labem umgesetzt - und stieß auf internationale Kritik. Die Stadt hatte eine 62 Meter lange und 1,80 Meter hohe Mauer hochziehen lassen, offiziell, um die betroffene Roma-Siedlung "vor Schmutz und Lärm zu schützen". Auf Druck Brüssels wurde die Mauer als menschenrechtswidrig nach sechs Wochen wieder abgetragen. Die slowakische Tageszeitung "Pravda" schloss unterdessen in einem Kommentar nicht aus, dass auf Druck der Bevölkerung künftig weitere derartige Mauern errichtet werden könnten.