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Mauer im geteilten Nikosia bröckelt

Von Martyna Czarnowska

Europaarchiv

Zypriotische Regierung zeigt "Geste des guten Willens". | Tauziehen um Grenzübergang. | Nikosia/Brüssel. Ganz ist sie noch nicht weg. Doch die Mauer, die Zyperns Hauptstadt Nikosia in zwei Teile reißt, bekommt Sprünge. Und das mitten im Zentrum, in der von Geschäften und Kaffeehäusern gesäumten Ledra-Straße. Dort wo früher ein hoher Verschlag aus Beton und Holz die Fußgängerzone abrupt enden ließ, steht nun eine niedrige Aluminiumwand. In der Nacht auf Freitag rückten die Bagger an und rissen die alte Barrikade nieder.


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Die griechisch-zypriotische Regierung sieht das als "Geste ihres guten Willens" an. Nun sei die andere Seite am Zug: Die türkischen Truppen müssten aus der Ledra-Straße abgezogen werden. Geschehe dies nicht, könne kein Grenzübergang für Zivilisten geschaffen werden, erklärte Präsident Tassos Papadopoulos. Im Norden der Insel, in der - nur von der Türkei anerkannten - Türkischen Republik Nordzypern sind insgesamt 20.000 bis 30.000 türkische Soldaten stationiert.

Das Tauziehen um den Übergang in der Ledra-Straße währt bereits seit eineinhalb Jahren. Nachdem die türkischen Zyprioten mit Abbrucharbeiten begonnen hatten, mussten sie diese bald stoppen. Streitigkeiten um die Verletzung der Waffenstillstandslinie und die Präsenz der türkischen Truppen verhinderten eine Öffnung.

Die jetzige "Initiative zur Vertrauensbildung" hat die EU - deren Mitglied formell die ganze Insel ist - mit Freude vernommen. Erweiterungskommissar Olli Rehn rief alle Seiten auf, "die Gelegenheit dieser mutigen Entscheidung zu nutzen". Vertreter sowohl der griechischen als auch der türkischen Zyprioten sprachen vom hohen symbolischen Wert des Mauerfalls: Die Menschen könnten wieder mehr Hoffnung auf ein Zusammenleben schöpfen. Seit 2003 wurden fünf Grenzübergänge geöffnet.

Eine baldige Lösung für die geteilte Mittelmeerinsel ist allerdings noch nicht in Sicht. Ankara ist nicht bereit, die Republik Zypern anzuerkennen, solange nicht die internationale Isolation des Nordens aufgehoben wird. Die Republik Zypern wiederum lehnt dies ohne ein Einlenken der Türkei ab.

Bewegung in dem Streit werde es auch heuer kaum geben, heißt es aus türkischen Diplomatenkreisen. Denn in der Türkei stehen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen an. Davor würden die türkischen Soldaten sicher nicht abgezogen werden.