"Jetzt regiert und befiehlt das Volk." | Lukrative Frühpensionierungen wurden gestoppt. | Tokio. Seit der Amtsübernahme von Premierminister Yukio Hatoyama haben Japans Beamte ein neues Feindbild - die Politiker. Denn nach über fünfzig Jahren Dauerregentschaft der konservativen Liberaldemokratischen Partei mit einer klaren Arbeitsteilung - die Beamten regieren, die Politiker mimen die Entscheidungsträger - haben die gewählten Volksvertreter damit begonnen, den Staatsdienern das Zepter der Macht aus den Händen zu nehmen. Auf diese Weise will die neue Regierung unter Führung der linksorientierten Demokratischen Partei (DPJ) den wirtschaftlichen Stillstand überwinden und die Politik stärker auf die Bedürfnisse der Bürger ausrichten.
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Als erstes hing Premierminister Hatoyama allen Beamten einen Maulkorb um und verbot ihnen, Pressekonferenzen ungenehmigt abzuhalten. Dann schaffte er die Treffen der beamteten Staatssekretäre ab, auf denen sie eigenmächtig die Tagesordnung der Kabinettssitzungen festlegten. Anders als früher lesen die neuen Minister auch nicht mehr die vorbereiteten Sprechzettel ihrer Beamten vor. Schließlich wurde ein lukrativer Karriereweg für hohe Staatsdiener blockiert. Außerdem sollen die staatlichen Personalkosten bis 2014 um ein Fünftel sinken. Seitdem herrscht im Regierungsviertel Kasumigaseki eine frostige Atmosphäre.
Im Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Wohlfahrt empfingen die hohen Beamten ihren neuen Chef Akira Nagatsuma an seinem ersten Arbeitstag mit versteinerten Gesichtern. Der sonst übliche freundliche Applaus blieb aus. Doch Nagatsuma zeigte ihnen, wer jetzt das Sagen hat. Vor rund tausend versammelten Ministerialbeamten hielt er das Wahlprogramm der DPJ hoch. "Hier ist die Liste der Befehle, die das Volk an die neue Regierung erteilt hat", rief Nagatsuma. "Egal welche Meinung Sie über mich haben - das hier sollten Sie gut lesen!"
Der schmerzhafteste Schnitt besteht für die Beamten darin, dass die Praxis des Amakudari ("vom Himmel herabsteigen") gestoppt wird.
Arbeiten statt Abzocken
Dabei scheiden hohe Beamte, die keine Aussicht auf Beförderung mehr haben, mit 55 Jahren vorzeitig aus dem Staatsdienst aus und wechseln auf gut bezahlte Spitzenposten von halbstaatlichen Firmen und Organisationen im Dunstkreis ihres alten Ministeriums. Nach einem Bericht der Zeitung "Yomiuri" untersagte die Regierung in letzter Minute bis zu 40 Bürokraten ihren für Anfang Oktober geplanten Wechsel in die Privatwirtschaft. Künftig sollen die Beamten im Himmel bleiben. Ihr Pensionsalter steigt stufenweise auf 65 Jahre. Damit die verlängerte Dienstzeit den Staat nicht zu teuer kommt, soll das Gehalt in den letzten Arbeitsjahren sinken.
Das vielkritisierte System des Amakudari erzeugte Korruption und Verschwendung, weil die halbstaatlichen Firmen und Organisationen einen Großteil der öffentlichen Aufträge an die Privatwirtschaft weiterreichen. Dabei setzten die Beamten Geld aus einem riesigen Schattenhaushalt ein, der parlamentarisch nicht kontrolliert wird. Die neue Regierung hat ein zentrales Haushaltskomitee eingerichtet, um diese traditionelle Machtquelle der Beamtenschaft trockenzulegen.