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Mausgrau kann nur einer sein

Von Walter Hämmerle

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Die Zeit arbeitet wohl für den Kanzler. Dass diese auch dem Vize kantiges Profil verleiht, ist nicht zu erwarten. | Wiederholung ist die Geißel der Politik für uns Journalisten: Die ewig selben Themen führen zu den ewig gleichen Konfliktkonstellationen.


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Die SPÖ sorgt nun allerdings für eine Innovation. Querschüsse von schwarzen Landeshauptleuten gegen den eigenen Parteichef gehörten früher zum guten Ton in Großen Koalitionen. Mehr Profil, größere Durchsetzungskraft tönte es wie ein Mantra von den Landeskaisern an die Adresse des leidgeprüften Vizekanzlers. An des roten Kanzlers Ohr drang dagegen fast nie ein Raunzen roter Provinzbeziehungsweise Hauptstadtbarone.

Wunderliche Zeiten, die wir erleben, haben dieses Spiel nun umgedreht: Während der Vizekanzler von Zurufen aus den eigenen Reihen verschont bleibt, muss sich ausgerechnet der Kanzler mit renitenten Parteifreunden in den Ländern herumschlagen.

Gut, beim Steirer Franz Voves gehört das quasi schon zum guten Ton - unvergessen seine Live-Performance, während Alfred Gusenbauer in der Leitung hing. Auch die Salzburgerin Gabi Burgstaller ist diesbezüglich längst keine Jungfrau mehr. Auch sie schärft gerne ihr Profil auf Kanzlers Kosten. Aber dass nun sogar "der erste Freund und Diener des Parteivorsitzenden" (Wiens Bürgermeister Michael Häupl über sich selbst) seinem Chef öffentlichkeitswirksam in Sachen Inflationsabwehrkampf in den Rücken fällt, hat Seltenheitswert.

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Schadenfreude des Vizekanzlers wäre dennoch unangebracht. Erstens ändern sich innenpolitische Hochs und Tiefs umso schneller, je unbedeutender die Sau, die gerade von den Medien durchs Dorf gejagt wird.

Und zweitens haben die schwarzen Fürsten mindestens ein ebenso flaues Gefühl in der Magengegend wie die roten, wenn sie an die strategische Aufstellung ihrer Parteispitze denken. Nur sagen sie es derzeit noch nicht den Journalisten.

Die Sorge gilt dem politischen Profil des Spitzenkandidaten für die kommenden Nationalratswahlen. Mausgrau als Lieblingsfarbe und den spröden Charme eines Buchhalters kann sich in Österreich allenfalls Vorarlbergs Landeshauptmann Herbert Sausgruber leisten. Für einen zweiten bleibt da kein Platz. Diesbezüglich arbeitet die Zeit für Gusenbauer: Früher oder später ist ein Kanzler-Bonus, und sei er auch minimal, unausweichlich.

"Put him in a team" riet Politikberater Stanley Greenberg 2002 dem heutigen Kanzler. Geholfen hat es bekanntlich nichts, die ÖVP erzielte dank Knittelfeld einen Erdrutschsieg auf Kosten der FPÖ.

2006 hielt sich die SPÖ an Greenbergs zweite Devise: "Stay on the message". Ein - bisher einmalig - aggressiver Themenwahlkampf brachte im Verein mit einem völlig fehlkonzipierten ÖVP-Wahlkampf Gusenbauer den ersehnten Sieg. Nicht die Person des eigenen Spitzenkandidaten stand damals im Mittelpunkt der roten Kampagne, sondern der ÖVP-Kanzler, den es abzuwählen galt.

2010 wird es genau so sein - nur mit umgekehrten Vorzeichen. Die Molterer-ÖVP hat, zumindest aus heutiger Sicht, keine Alternative. Leidtragende wird einmal mehr die politische Kultur im Lande sein.