Die EU-Kommission sträubt sich jedoch und nennt "ernsthafte" Risiken.
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London/Brüssel.Die britische Premierministerin Theresa May hat bei der EU einen Brexit-Aufschub bis zum 30. Juni beantragt. Sie sei aber nicht bereit, den Austritt über diesen Termin hinaus zu verschieben, sagte sie am Mittwoch in einer turbulenten Sitzung des Parlaments in London.
Die Regierung plane, nach dem bevorstehenden EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag einen dritten Anlauf zu unternehmen, für ihren Brexit-Vertrag im Unterhaus eine Mehrheit zu bekommen. Sollte diese zustande kommen, werde die Verschiebung dem Unterhaus Zeit verschaffen, die Ausführungsgesetze zu beraten. "Wenn nicht, wird das Unterhaus entscheiden müssen, wie es weitergehen soll."
Brief an Tusk
May sagte, sie habe EU-Ratspräsident Donald Tusk in einem Brief darüber informiert, dass das Vereinigte Königreich eine Verlängerung der Frist nach Artikel 50 des EU-Vertrages bis zum 30. Juni anstrebe. Die Frist läuft eigentlich am 29. März ab.
Die EU-Kommission sträubt sich allerdings gegen eine Brexit-Verschiebung bis zum 30. Juni. Sie sieht "ernsthafte rechtliche und politische Risiken" für die Europäische Union, wenn diese einer Verschiebung des Brexit-Datums bis Ende Juni zustimmt. In einem Papier für den bevorstehenden EU-Gipfel nennt die Kommission zwei Optionen für einen Aufschub des Briten-Austritts. Entweder man verlängere bis zum Beginn der Europawahlen am 23. Mai oder bis zum Ende des Jahres. Im letzteren Fall müsse Großbritannien an der Europawahl teilnehmen.
Eine Teilnahme ihres Landes an den Europawahlen Ende Mai lehnt May ab. Das wäre die Voraussetzung für einen längeren Aufschub. "Ich glaube, dass es nicht in unserem beiderseitigen Interesse wäre, wenn Großbritannien an den Wahlen zum Europaparlament teilnehmen würde", sagte sie. Sie glaube weiterhin, dass das Abkommen ratifiziert werden könne. Das könne aber nicht bis Ende nächster Woche geschafft werden.
Warnung von Juncker
Nach Aussagen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker muss Großbritannien aber bei jeder Brexit-Verschiebung auf die Zeit nach den EU-Wahlen Ende Mai an der Abstimmung teilnehmen. Juncker habe May in einem Telefongespräch darauf hingewiesen, dass das Vereinigte Königreich bei einer Verlängerung der EU-Mitgliedschaft über den 23. Mai hinaus an den Wahlen zum Europaparlament vom 23. bis zum 26. Mai teilnehmen müsse, sagte eine Kommissionssprecherin am Mittwoch.
Aus Sicht der Kommission sind einem internen Papier zufolge nur zwei Optionen für den Aufschub des Brexits sinnvoll: eine kurze, "technische Verlängerung" bis 23. Mai ohne Teilnahme an der Europawahl; oder eine "lange Verlängerung" bis mindestens Ende 2019 mit der Option einer Verkürzung, falls vorher eine Lösung gefunden wird. In jedem Fall solle es nur eine einmalige Verlängerung geben, heißt es weiter. "Jede andere Option (zum Beispiel eine Verlängerung bis 30. Juni 2019) würde ernste rechtliche und politische Risiken für die Europäische Union bedeuten und einige der derzeitigen Unsicherheiten im Vereinigten Königreich in die EU importieren." Jedes andere Szenario hätte auch direkte juristische und praktische Konsequenzen für die Europawahl in 14 EU-Ländern. Schlimmstenfalls könnte die Konstituierung des neuen Parlaments rechtswidrig werden und nach der Wahl die Bestimmung der neuen EU-Kommission und des EU-Haushaltsrahmens gefährden. Zudem wäre jede Entscheidung anfechtbar, heißt es in dem Kommissionspapier weiter.
Klarheit schon Mitte April
Im Falle einer Verschiebung des Brexit-Datums muss nach Angaben eines EU-Diplomaten bis Mitte April Klarheit über die Teilnahme der Briten an der Europawahl herrschen. "Bis Mitte April muss eine Entscheidung gefallen sein", sagte ein EU-Diplomat am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Der Grund seien der Druck von Stimmzetteln sowie die nötige rechtliche Klarheit darüber, wie viele Sitze auf welche EU-Länder verteilt würden, fügte er hinzu.
Eine kurzzeitige Verschiebung des Brexit-Datums vom 29. März wird in der EU als unproblematisch angesehen. Es gibt jedoch Forderungen, dass Großbritannien auf jeden Fall an den Europawahlen teilnehmen müsse, wenn ein neuer Austrittstermin hinter dem Wahltermin Ende Mai liegt. Andere Juristen halten den 2. Juli als Tag des Zusammentritts des neuen Europäischen Parlaments für das entscheidende Stichdatum. "Eine Entscheidung muss aber viel früher gefällt werden", sagte der EU-Diploma
Visa und der EU-Budget 2019
Der Brexit-Chefverhandler der EU, Michel Barnier, hat laut einem Sprecher die EU-Kommissare zuvor am Mittwoch gebrieft. Dabei sei auch über die allfälligen Notfallmaßnahmen im Fall eines No Deal beraten worden. Von diesen vorgesehenen Notfallmaßnahmen seien alle bis auf zwei angenommen worden. Noch ausständig seien die Bereiche kurzfristige Visa und EU-Budget 2019. (afp, apa, reuters, dpa)