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McLaren zieht Produktion aus Österreich ab

Von Thomas Pressberger

Wirtschaft

Der britische Sportwagenhersteller McLaren holt die Produktion von Karbonfaser-Fahrgestellen vom Salzburger Hersteller Mubea Carbo Tech nach England zurück.


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Salzburg. Der Sportwagenhersteller McLaren Automotive zieht die Karbonfaser-Fahrgestell-Produktion aus Österreich ab und verlagert sie nach England. Das bestätigt das Salzburger Unternehmen Mubea Carbo Tech, das bisher das Fahrgestell produziert hat. "McLaren plant, ab 2020 das Chassis für die neue Baureihe in Eigenregie herzustellen. Die vorhandenen Baureihen werden auch in den nächsten Jahren in Salzburg produziert", sagt Thomas Lang, Vorstand für das operative Geschäft von Mubea Carbo Tech. Die Entscheidung für diese Maßnahme soll laut Lang vor der Abstimmung zum Brexit gefallen sein und ist mit diesem nicht unmittelbar in Verbindung zu setzen. Tritt Großbritannien tatsächlich aus dem Binnenmarkt aus, würde McLaren dadurch jedoch allfällige Steuern beziehungsweise Zölle auf importierte Teile reduzieren.

In Salzburg gehen keine Arbeitsplätze verloren

Arbeitsplätze sollen in Salzburg durch den Auftragsverlust nicht betroffen sein. "Aufgrund der Anzahl an anderen Aufträgen, unserer gesunden und nachhaltigen Struktur und unseren Wachstumsmöglichkeiten in diversen Hoch-Technologie-Bereichen wird es zu keinem Mitarbeiterabbau kommen", sagt Lang. Vor zwei Jahren mussten 220 Leute gehen, als Mubea Carbo Tech Großaufträge von Porsche und VW verloren hatte. Derzeit arbeiten mehr als 400 Mitarbeiter beim High-Tech-Unternehmen, das Lang trotz des McLaren-Abzugs als "absolut stabil, prosperierend und wachstumsorientiert" bezeichnet. Laut Lang zählen zu den Mubea-Carbo-Tech-Kunden nahezu alle namhaften Hersteller von Premiumfahrzeugen.

McLaren - das Unternehmen teilt Marke und Infrastruktur mit dem gleichnamigen Formel-1-Team, ist rechtlich aber eine eigenständige Einheit - will noch heuer im nordenglischen Sheffield mit der Errichtung des Fahrgestell-Werks beginnen und dadurch mehr als 200 Jobs in Großbritannien schaffen. Um welche Summe es sich bei dem Auftrag handelt, wollte man bei Mubea Carbo Tech nicht sagen. Die Investition in das Werk beläuft sich laut britischen Medien auf knapp 60 Millionen Euro, McLaren will durch die Eigenproduktion 10 Millionen Euro pro Jahr einsparen.

Das Werk wird das erste für Sonderanfertigungen außerhalb des Headquarters in der südenglischen Stadt Woking sein und soll in drei Jahren in Vollproduktion gehen. McLaren Automotive baut seit den 1990er Jahren Sportwägen und ist rasch gewachsen. Vergangenes Jahr wurden 3286 Stück verkauft, beinahe doppelt so viele wie 2015 davor. Ein Drittel davon wird in den USA verkauft, dem größten Markt des britischen Herstellers.

Laut einem Branchenkenner müsse der Verlust des McLaren-Auftrags Mubea Carbo Tech sehr wohl schmerzen, da es sich um einen nicht unbeträchtlichen Auftrag handeln müsse. Es sei gut möglich, dass weitere Rückzieher britischer Unternehmen folgen werden. "Es ist zwar noch ein langer Weg bis zum Brexit, aber bei dem einen oder anderen Hersteller liegen sicher schon die Nerven blank", so der Insider. Die Briten könnten nun nach dem Motto "Nutzt’s nix, schadet’s nix" agieren - sollte der Brexit doch nicht kommen, sei die Steigerung der Eigenfertigungsquote auch kein Nachteil. Autohersteller seien allerdings breit aufgestellt und lassen bewusst in mehreren Ländern und von mehreren Anbietern produzieren. "Man darf nicht auf einen Zulieferer angewiesen sein. Falls einer ausfällt, muss ein anderer einspringen können", so der Branchenkenner. Außerdem lasse sich so günstiger produzieren, da Hersteller möglichst wenig auf Lager legen wollen und sich die Teile "in time" liefern lassen. Das Zusammenziehen der Fertigung, wie jetzt bei McLaren, könne also sogar eine strategisch ungünstige Auswirkung haben, in stürmischen Zeiten aber sicherer sein.

McLaren-Abzug istnoch ein Einzelfall

Laut Industriellenvereinigung (IV) ist der McLaren-Abzug derzeit noch ein Einzelfall: "An uns sind bisher noch keine derartigen Auswirkungen herangetragen worden", sagt IV-Pressesprecherin Maria-Anna McDonald. Heimische Unternehmen würden sich derzeit ruhig verhalten, nicht nur wegen des angestrebten Brexits, sondern der gesamten weltpolitischen Lage, etwa der Verunsicherung durch die politische Situation in den USA oder die Russland-Sanktionen. Die Stellungnahmen der britischen Premierministerin Theresa May, dass Großbritannien mit dem EU-Austritt auch den Binnenmarkt verlassen wird, löste bei Autoherstellern zusätzliche Sorgen vor Handelsbarrieren aus.

Auch für Österreichs Unternehmen, die in Großbritannien vertreten sind, gilt derzeit das Motto "Abwarten und Tee trinken", sagt Lisa Rilasciati, EU-Referentin in der Wirtschaftskammer Österreich. Auswirkungen, die heimische Unternehmen derzeit spüren, würden vor allem das britische Pfund betreffen, da dieses sehr volatil sei. Ein Hoffnungsschimmer: "Österreichische Unternehmen sind auf Nischenprodukte spezialisiert, das wird ihnen zu Gute kommen", sagt Rilasciati. Negative Auswirkungen werde es zwar trotzdem geben, aber wie stark, sei noch nicht abzusehen. "Die Stimmung der Unternehmer ist zwar nicht toll, sie sind aber auch nicht am Boden zerstört." Am ehesten wären Zulieferer betroffen, da Deutschland stark in UK engagiert sei und Österreich wiederum stark nach Deutschland liefere.

250 heimische Unternehmenin Großbritannien

Neben der Maschinen- und Fahrzeugbranche ist Österreich vor allem mit bearbeiteten Waren, Papier und Pappe, Eisen und Stahl, Chemie und Holz in Großbritannien vertreten. Ein harter Brexit würde sich vor allem durch Änderungen bei den technischen Normen, Zöllen und der Administration bemerkbar machen. Rund 250 heimische Unternehmen sind auf der Insel vertreten. Auch viele österreichische Facharbeiter und Spezialisten sind dort beschäftigt.

Die Warenexporte von Österreich nach Großbritannien betrugen in den ersten elf Monaten des Vorjahres 3,8 Milliarden Euro (minus 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum). Die Importe nach Österreich lagen bei 2,5 Milliarden Euro (plus 9,9 Prozent). Im November ging der Wert der Warenexporte um 11,4 Prozent zurück - was dem schwächelnden Pfund angelastet wird.