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"McUnnütz" als Sieger-Burger

Von Hermann Schlösser

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diarium


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Als ich vor ein paar Wochen wieder einmal in einem allseits bekannten Schnellrestaurant ein McMenü zu mir nahm, fiel mein verblüffter Blick auf die papierene Unterlage der Speise. Dort stand nämlich geschrieben: "Hast du schon deinen eigenen Burger gebaut?"

Das wird man ja nicht alle Tage gefragt, und deshalb las ich auch neugierig weiter, während ich an meinen Pommes Frites knabberte: "Du kannst nur noch für kurze Zeit deinen eigenen Burger bauen." Dann wurde der zuständige Link angegeben, denn natürlich vollzog sich das Spiel, das mit diesen Worten angepriesen wurde, in der großen Zauberkiste des World Wide Web: "Findet er im Voting genügend Fans, wird dein Burger bald in allen teilnehmenden Restaurants in Österreich zu haben sein. Und du wirst mit deinem Burger berühmt. Bau jetzt deinen Burger und trommle all deine Freunde zusammen, damit sie beim Voting deinen Burger nach vorne bringen."

Also, man sieht sofort, dass sich diese Anleitung nicht nur an Hobby-Köche richtet, sondern auch (vielleicht sogar vor allem) an begabte Networker, die wissen, wie man Fanclubs und dergleichen organisiert.

Auch mich interessierte dieses Gewinnspiel immerhin so sehr, dass ich verfolgt habe, wie es ausgegangen ist. Mittlerweile ist die Entscheidung gefallen, wie aus einer Pressemeldung des Fleischbrater-Konzerns hervorgeht: "Aus über 50.000 individuellen Burger-Kreationen wurden im Online-Voting die Top Ten ermittelt. In der Testküche von McDonald’s Österreich wurden die ausgewählten Burger-Ideen heute schließlich in die Realität umgesetzt. Die prominent besetzte Jury - Daniela Zeller, Christine Reiler, Dominic Heinzl, Wini Brugger, Michi Lameraner, McDonald’s Koch Gerhard Fuchs, McDonald’s Österreich Chef Andreas Schwerla und Facebookcasting-Gewinner Christoph Dollenz - bewertete Optik, Geschmack und Gesamteindruck des Burgers. Und hat sich für fünf Sieger-Burger entschieden . . ."

Wer über all das noch mehr wissen möchte, findet im McDonald’s-Internetauftritt Filmmate-rial von der Jurysitzung und Interviews mit jenen zehn Burger-Meistern, deren Schöpfungen die Sympathie der Mehrheit gewinnen konnten. Diese mediale Aufbereitung des Events ähnelt einer Casting Show, und genau besehen, ist es ja auch nichts anderes. Mit dem einzigen Unterschied, dass keine Super-Models gesucht werden, sondern Super-Brötchen mit Fleischeinlage.

Wie gesagt, hat die Jury den Spitzenplatz ex aequo an fünf Neukreationen vergeben. Dabei fiel das Online-Voting, das der Jurysitzung vorausging, eindeutig zugunsten eines bestimmten Produkts aus. Es hört auf den Namen "McUnnütz" und ist auf Leberkäs-Basis erbaut. Dieser Burger mit der folkloristischen Anmutung hat 12.847 Fans gefunden.

Wohlgemerkt: Die Voter hatten keine Gelegenheit, den Burger zu kosten. Sie konnten aber trotzdem - auf Facebook und anderswo - mobilisiert werden, um "McUnnütz"& Co. nach vorne zu bringen. Ein Produkt promoten, Öffentlichkeit herstellen und dadurch berühmt werden - das sind eben die Rezepte, die heutzutage Erfolg versprechen.