Inhaltlich kann man den heimischen Grünen durchaus etwas abgewinnen. Aber die Art und Weise, wie die Partei ihre Ideen präsentiert, wirkt alles andere als professionell.
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Drei Tage nach der Katastrophe von Fukushima ritten die Grünen zu einer Pressekonferenz aus. Fast wie im Western "Die glorreichen Sieben", zwar nicht zu siebent, aber immerhin zu sechst. Da standen mit viel Betroffenheit: Eva Glawischnig, Werner Kogler, Umweltsprecherin Christiane Brunner, Madeleine Petrovic, Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner, EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek.
Wie sollen sechs Politiker in einer Pressekonferenz eine zentrale Botschaft transportieren? Gar nicht. So ging es wohl auch den anwesenden Journalisten, denn der mediale Output am nächsten Tag war: Glawischnig forderte den weltweiten Atomausstieg und europäische Initiativen. Welche konkret, sagte sie nicht. Kanzler Werner Faymann eilte da bereits zum Schulterschluss mit dem deutschen SPD-Chef Sigmar Gabriel, die FPÖ beantragte eine Sondersitzung zu Fukushima im Nationalrat. Ein aufgelegter Elfmeter wurde verschossen.
Ist Glawischnig zu Gast in der ORF-"Pressestunde", bleibt als Headline auf orf.at: "Grüne wollen deutlich wachsen." Nein, so eine Überraschung. Die grünen Pressemitteilungen haben in der Regel den Charme von Schulaufsätzen, alles richtig, aber in der Tonalität vom eigenen Bravsein und dem Bösen der politischen Mitbewerber getragen.
Jüngst landeten die Grünen einen echten medialen Bauchfleck: Ein "Knigge" für Fahrrad-Rowdys müsse her, forderte Wiens grüne Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou, Glawischnig trat für ein Verbot von Zigarettenautomaten ein. Eine geballte Ladung an Regulierungswut und Tugend also. Einzelne Medien zelebrierten genüsslich die internen Unstimmigkeiten und etikettierten die Grünen als "Spaßverderber".
Die Grünen fühlen sich jetzt vermutlich wieder missverstanden und überhaupt sehr schlecht behandelt. Politische Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit sind aber auch kein Streichelzoo. Und das Anderssein der Grünen wird derzeit vor allem durch das Fehlen professioneller Medienarbeit symbolisiert.
Denn inhaltlich kann man den jüngsten grünen Vorschlägen durchaus etwas abgewinnen. Österreich hat europaweit die meisten jugendlichen Raucher, und in immerhin 17 EU-Ländern wurden Zigarettenautomaten bereits verboten. Diese Argumente gingen in der grünen Kommunikation aber unter. Eine Verkehrsstadträtin darf prinzipiell auch einen "Verkehrsknigge" planen - aber dann für alle Verkehrsteilnehmer und nicht nur für die grüne Stammklientel, nämlich die Radfahrer. Die Außendarstellung der Grünen ist ein echtes Dilemma. Denn die Grünen besitzen in zentralen Bereichen, wie etwa Umwelt, Asyl, Anti-Korruption und Bildung, etwas, das den anderen Parteien fehlt: Kompetenz und Glaubwürdigkeit.
Was also läuft schief?
Die Parteispitze wirkt zaghaft und zaudernd, die Medien- und PR-Arbeit ist unkoordiniert und verschlafen. Lieb und nett, brav und engagiert ist wichtig, reicht im Politik- und Medienalltag aber nicht. Die Grünen müssen kantiger, mutiger, schneller und koordinierter nach außen auftreten.
Grüne Themen sind wichtiger denn je. Das Image der "Spielverderber" werden die Grünen übrigens wieder verlieren. Denn in Oberösterreich wird jetzt das kleine Glücksspiel erlaubt - mit den Stimmen des grünen Regierungspartners. Schon wieder ein potenzielles PR-Desaster.
Christina Aumayr-Hajek ist Kommunikationswissenschafterin und Geschäftsführerin von Freistil-PR.