Glawischnig kocht eigenes Süppchen. | Wien. Der umstrittene Vertrag von Lissabon ist ratifiziert, doch die Wogen glätten sich nicht. Vor allem die "Kronen Zeitung" spie Gift und Galle und sprach gar von einem "Verfassungsbruch im Parlament".
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Diesen Vorwurf wollte sich das Präsidium des Nationalrats nicht gefallen lassen und antwortete mit einem Leserbrief an die "Krone". Darin kreiden sie dem Massenblatt "bewusste Falschmeldung" an. Wörtlich schreiben sie: "Das immer wieder vorgebrachte Argument, dass mit dem Vertrag eine Gesamtänderung der österreichischen Bundesverfassung und somit eine zwingende Volksabstimmung vorgeschrieben ist, ist schlichtweg falsch". Es würden "bewusst Ängste geschürt", heißt es weiter. Die "Kronen Zeitung" will den Brief übrigens nicht abdrucken.
Unterschrieben wurde der Leserbrief von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) und dem Zweiten Nationalratspräsidenten Michael Spindelegger (ÖVP). Es fehlt hingegen die Signatur der dritten Parlamentspräsidentin, der Grünen Eva Glawischnig.
Diese hat sich geweigert, das Papier zu unterfertigen, und stattdessen einen eigenen Brief an die "Krone" geschrieben, was in den Büros von Prammer und Spindelegger auf Unverständnis stößt. "Offensichtlich vertritt sie nicht das ganze Parlament, sondern nur die Grünen", heißt es von Seiten Prammers. Auch aus der Richtung des Zweiten Nationalratspräsidenten klingt es ähnlich: "Es ist traurig, dass nicht einmal zum Thema Europa die Gesamtinteressen über die Parteiinteressen gestellt werden."
Glawischnig habe erklärt, dass sie ihre persönlichen Kontakte zum Massenblatt für eine eigene Initiative nutzen wolle. In den Präsidentenbüros vermutet man, dass sich die Grüne lediglich profilieren will.
Von einem solchen besonderen Draht zur "Kronen Zeitung" will man im Team von Glawischnig freilich nichts wissen. Die Grünen-Vizechefin habe nur deshalb ein eigenes Papier verfasst, da ihr ein erster Prammer-Entwurf "zu schwach" erschienen sei. Ihr eigener Brief sei hingegen "klarer und direkter formuliert". Darin wehrt sich auch Glawischnig gegen den Vorwurf des Verfassungsbruchs. Gleichzeitig kritisiert sie die mangelnde Informationspolitik von SPÖ und ÖVP bezüglich dem EU-Vertrag.
Dankbar aufgenommen
Das Wort vom "Verfassungsbruch" dankbar aufgenommen haben hingegen FPÖ und BZÖ. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache appellierte an Bundespräsident Heinz Fischer, den "rot-schwarzen Verfassungsbruch" nicht hinzu-
nehmen und den Vertrag nicht zu unterzeichnen. Die selbe Forderung hatte zuvor schon BZÖ-Obmann Peter Westenthaler erhoben. Das Bündnis will übrigens an der geplanten Volksbefragung in Kärnten trotz der Ratifizierung im Nationalrat festhalten.
Indes hat die konservative Fraktion im Europaparlament (EVP-ED) Österreich zur Ratifizierung des EU-Reformvertrags ausdrücklich gratuliert. Die EU-Kommission will sich erst äußern, wenn der Ratifizierungsprozess abgeschlossen ist, also auch Bundesrat und Bundespräsident zugestimmt haben.