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Medien in der Krise

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© Luiza Puiu

Jetzt, nicht irgendwann, werden für den Journalismus von morgen die Weichen gestellt.


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Wozu brauchen wir überhaupt Journalismus? Welchen Journalismus in was für einer Medienlandschaft? Das waren, arg verkürzt, die großen Leitfragen, denen sich am Montag eine Medien-Enquete der Neos im Parlament widmete.

Das Thema rührt an den Grundfesten unseres Zusammenlebens und ist allein deshalb schon von überragender Bedeutung. Nicht nur, weil Sparpakete die privaten Redaktionen weiter ausdünnen, die von Kostensteigerungen, sinkenden Werbeeinnahmen und stagnierenden Digital-Abos diktiert werden; weil neue Regeln für den ORF deren Überleben noch weiter zu erschweren drohen; weil die Marktmacht der digitalen Tech-Plattformen immer wächst; weil die "Wiener Zeitung" als Qualitätstageszeitung demnächst zusperrt.

Diese Probleme sind nicht vom Himmel gefallen, und ihre Ursachen liegen teils weit jenseits unserer Grenzen. Trotzdem schweigen sich die Verantwortungsträger um dieses heiße Eisen herum, allenfalls wird man mit routiniert abgespulten, meist auch inhaltsleeren Floskeln abgespeist. Komplizierte Themen ohne einfache Antworten scheut die Politik, wenn sie kann, wie der Teufel das Weihwasser. Im Gegenzug verkauft die Regierung minimalistische Symptombekämpfung als großen Wurf.

Was die Sache so herausfordernd macht: Das bestehende System befindet sich im radikalen Umbruch, nur ist die konkrete Gestalt des Neuen nicht absehbar, womöglich müssen wir uns von der Idee stabiler Markt- und Rahmenbedingungen bei Massenmedien und Journalismus grundsätzlich verabschieden, nicht nur für die unmittelbare Zukunft, sondern dauerhaft. Stand heute lässt sich nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob geschriebene Texte bei der Wissens- und Nachrichtenvermittlung über den Status einer Nische hinausreichen werden oder ob nicht Video und Bilder, wie sie derzeit die Jungen an Instagram und TikTok fesseln, dominieren werden.

In einer so hochgradig fluiden Konstellation gewinnen die zu Beginn gestellten Fragen noch mehr an grundsätzlicher Bedeutung. Weil die Antworten darauf das Fundament unserer Öffentlichkeit bilden. Zu wissen, welchen Grundbedarf unsere Gesellschaft an Journalismus - an öffentlich-rechtlichem wie an privatem - hat, wäre die Voraussetzung, um in dieser Phase der Ungewissheit die richtigen Prioritäten zu setzen.

Jetzt, nicht demnächst oder irgendwann, werden die entscheidenden Weichen gestellt für die unmittelbare und mittelfristige Zukunft. Zum Guten wie zum Schlechten. Reden sollten wir darüber im Übrigen auch; weil: Das macht man so in einer Demokratie.