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Medien, Migranten, Manipulationen

Von Christian Ortner

Gastkommentare
Christian Ortner.

Wenn mit Demagogie Wahlen gewonnen werden können, liegt das auch an einem Medienversagen.


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Dass sich die Regierungsparteien in der sogenannten Ausländerpolitik (in Wahrheit: Einwanderungs- und Asylpolitik) in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten nicht eben mit Ruhm bekleckert haben, ist ein unbestreitbares Faktum, das nach den jüngsten FPÖ-Wahltriumphen von den Medien durchaus zu Recht hinreichend gewürdigt wurde.

Deutlich weniger wird, aus naheliegenden Gründen, von den meisten Medien der Umstand gewürdigt, dass auch sie selbst in einigen Fällen eine gewisse Mitverantwortung dafür tragen, dass die FPÖ so stark von der unglücklichen Ausländerpolitik der Regierenden profitieren kann. Denn viele jener Wähler, die deshalb nun der FPÖ ihre Stimme geben, fühlen sich nicht nur von den Regierenden im Stich gelassen, sondern auch von den Medien hintergangen, denen sie vorwerfen, vor allem im Bereich der Kriminalität regelmäßig zu verschweigen, um wen es sich bei den Tätern wirklich handelt. Die ganze Diskussion, wird von den Medien mit einer gewissen Schlagseite geführt, lautet die Kritik.

Bei nicht wenigen Wählern entsteht dadurch der Eindruck, einer Art Konspiration von Medien und Politik ausgeliefert zu sein, denen es darum geht, die Konsequenzen der verfehlten Ausländerpolitik zu vertuschen und zu verschleiern. Und das macht sie ziemlich sauer.

Dieser Eindruck ist übertrieben, aber nicht völlig aus der Luft gegriffen. Denn immer wieder kam und kommt es vor, dass in der Berichterstattung über Schießereien, häusliche Gewalt oder Drogenhandel von einzelnen Medien der Eindruck erweckt wurde und wird, hier ginge es um Kriminalität im Milieu der Einheimischen, wo tatsächlich Asylwerber involviert waren. Dass Migration nicht nur erfreuliche, sondern auch durchaus unerfreuliche Aspekte haben kann, wird in der heimischen Berichterstattung gerne negiert oder kleingeschrieben. Dahinter steckt meistens die durchaus verständliche Absicht von Medienmenschen, das ohnehin in manchen Gegenden Österreichs reichlich prekäre Verhältnis zwischen autochthonen Bewohnern und Zuwanderern aller Schattierungen und Motivlagen nicht noch weiter dadurch zu zerrütten.

Wer so argumentiert, vergisst freilich, dass die zentrale Pflicht der Berichterstattung noch immer die Information und nicht die Bevormundung des Lesers ist. Genau dieser Eindruck, nicht nur von der Politik, sondern auch von den Medien bevormundet zu werden, dürfte aber in der jüngeren Vergangenheit bei vielen Wählern entstanden sein. Diesen dafür, dass sie nun FPÖ gewählt haben, jetzt auch noch mit der Faschismuskeule eins überzubraten - wie das übrigens in der Wahlnacht in den sozialen Medien recht heftig geschah -, wird das Problem nicht lösen, sondern noch weiter dramatisch verschärfen.

Sowohl Politik als auch Medien werden jener Sturmflut an Demagogie, die angesichts der nahenden Wiener Wahl auf uns zukommt, nur angemessen entgegentreten können, indem sie all jene Probleme, die mit Migration zwangsläufig verbunden sind und vielen Wählern unter den Nägeln brennen, nicht mehr nonchalant bestreiten, sondern offen und ohne Angst vor den Fakten auf den Tisch legen. Anders wird das Vertrauen, das der Politik, aber auch den Medien entzogen wurde, nicht zurückzugewinnen sein.