Zum Hauptinhalt springen

Mediendämmerung in Österreich

Von Kurt Lukasek

Gastkommentare

Unsere Medienmacher versuchen mit allen Mitteln den eigenen Untergang zu verhindern, wobei sich dies darauf beschränkt, durch panisches Abwerfen von Ballast krampfhaft Höhe zu gewinnen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Dass dabei vor allem Qualität als mutmaßlicher Ballast von sinkenden Medienballons fällt, ist längst mit freiem Auge erkennbar. Auch, dass so nebenbei echte Journalisten-Arbeitsplätze reihum auf der Strecke bleiben. Warum die Gewerkschaft eher nichts unternimmt, wenn von "Heute" und ähnlichen Qualitätsmedien reihenweise Kollegen freigesetzt und durch Berufspraktikanten ersetzt werden, ist rätselhaft.

Zum Leidwesen der heimischen Medienmacher gilt das alte "Bild-Zeitung"-Motto "Je größer der Stiefel, umso größer der Absatz" nicht mehr; frag nach bei Wolfgang Fellner. Dabei liegt des Rätsels Lösung doch so nah, genau dort nämlich, wo sich diese heimischen Medienmacher und ihre Handwerker immer mehr Geschichten holen, im Internet. Warum soll ich gegen Entgelt - bis auf die "kostenlose" Zeitung am Sonntag - nur ein bisschen Schund lesen, wenn ich mir um die niedrige Flatrate-Gebühr die volle Schunddröhnung reinziehen kann? Eben.

So weit, so schlecht. Oder eigentlich gar nicht schlecht, sondern vielleicht sogar gut. Denn wenn nur Schund gratis ist, dann werden die Menschen bereit sein, für Qualität richtiges Geld auszugeben. Einfach, um der Schundhölle zu entkommen und kluge Gedanken, pointierte Analysen, selbst verfasste Artikel gut ausgebildeter Journalisten, denen Recherche wichtiger ist als "copy and paste", lesen zu können. Anstand, Distanz, Rücksichtnahme - sowohl auf diejenigen und zu denjenigen, über die berichtet wird, als auch und ganz besonders zu den Lesern - wird wieder dramatisch an Bedeutung gewinnen.

Alle Grenzen wurden bedenkenlos über Bord geworfen, weil sich in einem Leider-Nicht-Qualitätsmedium zum Beispiel auch niemand Gedanken machen muss, ob vielleicht nicht doch ein Volksschulkind bereits früh am Morgen Zeitung lesen möchte und verantwortungsvolle Eltern daraufhin größte Schwierigkeiten haben, die Inhalte einer normalen Titelseite kindgerecht zu reden. Wird aber nicht im Volksschulalter mit dem Zeitunglesen begonnen, wird die Lektüre von "Heute" und "Österreich" der Olymp des Medienkonsums sein. Und die darin aufgeblasenen Probleme werden zu den Problemen weiter Teile der Bevölkerung. Die Vorbildwirkung plakativ ausgewalzter "Qualitätsprogramme" wie "DSDS" oder "Germany´s Next Top Model" sind Thema, neben Josef F. oder Natascha Kampusch, und bestimmen bereits heute die Vorstellungswelten von immer mehr Menschen.

Im ORF macht sich offenbar niemand Gedanken darüber, ob vielleicht die Qualitätsminderung im heimischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk maßgeblich zur Zuseherflucht zu deutschen Privatsendern und deren unsäglichen Sendungen beiträgt.

Kurt Lukasek ist als Projektentwickler, Planer und Berater in Wien tätig.