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Medienherbst: Erstes Blatt fällt

Von Engelbert Washietl

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Der Autor ist Vorsitzender der "Initiative Qualität im Journalismus"; zuvor Wirtschaftsblatt, Presse, und Salzburger Nachrichten.

Der Untergang der oberösterreichischen "Rundschau am Sonntag" ist das Exempel einer verfehlten Unternehmenspolitik jenseits journalistischer Zielsetzungen.


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Die Moser Holding, zu der die "Rundschau am Sonntag" gehört, machte in einer Betriebsversammlung Kassasturz. Das Blatt wird kommenden Sonntag zum letzten Mal erscheinen. Wer glaubt, dass es außerhalb von Oberösterreich niemandem fehlen wird, irrt.

Seine Liquidierung ist keineswegs eine unbedeutende regionale Affäre, sondern eine überregional große. Denn die Tiroler Moser Holding mit der "Tiroler Tageszeitung" als Flaggschiff wurde, seit sie in Oberösterreich einen nahezu aggressiven Expansionskurs steuert, zu einem engen Partner der Styria Media Group. Die zwei Zeitungskonzerne haben erst heuer das gemeinsame Unternehmen "Regionalmedien Austria" (RMA) gegründet, in dem mit den Bezirks- und Wochenzeitungen beider Seiten ein gesamtösterreichischer Ring von Druckmedien aufgezogen wird, der mehr Leser erreichen wird als die "Krone". Es handelt sich also um eine stürmische Markteroberung, die in einem noch größeren Medienkonglomerat ihre Vollendung finden soll: Die Moser Holding soll nach dem Beteiligungsschlüssel von 68 (Styria) zu 27 (Moser Holding) und 5 Prozent (Raiffeisen Landesbank OÖ) in einer neuen Superfirma aufgehen, die noch keinen Namen hat.

Styria ist also dabei, in Partnerschaft mit der Moser Holding eine ernst zu nehmende Alternative zur übermächtigen "Krone" und zu Mediaprint aufzubauen, auch als Alternativangebot für die Werbewirtschaft. Das ist ein legitimes Unterfangen. Der Antrag bei der Kartellbehörde ist gestellt, das Kartellgericht wird prüfen, ob die Gefahr einer Marktbeherrschung besteht und auch, ob durch diese Lösung Arbeitsplätze vernichtet würden. Das sind unangenehme Fragen.

55 Arbeitsplätze verschwinden soeben wieder durch die Einstellung der "Rundschau am Sonntag". Vor genau einem Jahr zerstückelte der Moser-Vorstandsvorsitzende Hermann Petz die alte Wochenzeitung "OÖ Rundschau" in ihrer traditionsreichen Form und löste dabei rund 120 Arbeitsplätze auf. Die Wirtschaftskrise allein kann nicht schuld an dem Fiasko sein, obwohl sie alle Zeitungshäuser empfindlich trifft und der Konkurrenzkampf härter wird.

Frappierend ist vor allem, wie sehr rein marktpolitische und unternehmensstrategische Überlegungen die Werte journalistischer Berufsarbeit überlagern. Im Feldzug, den die Tiroler Moser Holding seit Ende 2006 auf oberösterreichischem Boden führt, war von journalistischen Aufgaben - also wozu eine bestimmte Zeitung überhaupt da ist - wenig die Rede. Eigentlich geschah dies nur bei den Ausführenden, nämlich in der Mini-Redaktion der neu geschaffenen "Rundschau am Sonntag", die eine eindrucksvolle Leistung von allerdings nur zehn Monaten hinlegte. So lange der Internetzugriff noch funktioniert, kann man sich davon auf dem Bildschirm überzeugen: http://epaper.rundschau.co.at/ooe/.

Die Medienmanager glaubten hingegen, sie könnten mit einer traditionsreichen Zeitung wie der einstigen "OÖ Rundschau", mit ihren Mitarbeitern und vor allem den Lesern alles machen, was sie wollten. Der Zickzack-Kurs scheiterte. Nur die "Bezirksrundschau" darf nicht sterben, denn sie wird irgendwann in den RMA-Zeitungsring eingeschmolzen werden.

Die Redaktion der "Rundschau am Sonntag" kann über einen journalistisch verstandenen Auftrag nicht mehr reden. Er bleibt Thema in akademischen Gesprächszirkeln.

Siehe auch:Aus für Rundschau am Sonntag: 55 Jobs abgebaut