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Medienstar schießt sich auf Argentiniens Präsidentin ein

Von Alexander U. Mathé

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Jorge Lanata ist der wohl beliebteste Journalist am Rio de la Plata. Mit viel Witz deckt er Skandale auf und macht so Druck auf die Regierung.


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Seine Waffe ist der Humor und seine Feindin Argentiniens Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner: Jorge Lanata ist in seiner Heimat der Starjournalist schlechthin. Egal ob in der Zeitung, im Radio oder im Fernsehen, der 53-Jährige begeistert mit seiner Mischung aus hartem investigativen Journalismus und markigem Humor die Massen - und Juroren. Seit Jahren schon räumt er regelmäßig Journalistenpreise von Buenos Aires bis New York ab.

Lanata berichtet über den von Kirchner eingesetzten Chef des Finanzamts, der sich mit seinem Beamtengehalt innerhalb von acht Krisenjahren Luxusdomizile und -autos zulegt. Er deckt Skandale auf und lädt Zeugen ein, die über die Bereicherung von Präsidentin Kirchner und ihrem verstorbenen Mann, Ex-Präsident Néstor Kirchner, in unermesslichem Ausmaß berichten. Die Regierung selbst nimmt zu den Vorwürfen grundsätzlich nicht Stellung. Auch dann nicht, wenn Lanata sagt, man könne ihn beim geringsten Zweifel an seinen Berichten gerne klagen. Doch es kann davon ausgegangen werden, dass der Präsidentin die Angriffe alles andere als recht sind. Sie würde dem Vernehmen nach nämlich gerne ein drittes Mal für das Präsidentenamt kandidieren. Dafür müsste sie die Verfassung ändern, was mitunter davon abhängen wird, wie die Kongresswahlen nächste Woche ausgehen. Negative Publicity ist da nicht sehr willkommen.

Der Hass Lanatas auf Kirchner hat etwas Paradoxes. Denn politisch kommen beide aus der linken Ecke. Lanata ist der Mitbegründer der Tageszeitung "Pagina 12", einer linksgerichteten Zeitung, die seit ihrer Existenz gegen alle argentinischen Regierungen opponierte - bis die Ära von Néstor und Cristina Kirchner anbrach. Dem präsidialen Ehepaar ist die Zeitung bis zum heutigen Tag devot ergeben; nicht jedoch Lanata, der aus der Zeitung flugs ausstieg. Die Landung erfolgte auf der anderen Seite des politischen Spektrums, bei der auflagenstärksten Zeitung des Landes "Clarín", die rechtsorientiert ist und sich gegenüber neoliberalen Ideen durchaus aufgeschlossen zeigt. Zu der Verlagsgruppe gehört auch das beliebte "Radio Mitre" sowie der Fernsehsender "Canal 13", wo Lanata ebenfalls regelmäßige Auftritte hat. Lanata ist dort gut aufgehoben, denn die Gruppe hat einen ähnlichen Wandel durchlaufen wie er selbst. War sie ursprünglich eine der größten Verbündeten der Kirchners, so kam es im Jahr 2009 zum Zerwürfnis über Ausfuhrsteuern auf Agrarprodukte. Seit diesem Zeitpunkt waren die Präsidenten Néstor und Cristina Kirchner stets bestrebt, das über 250 Medienlizenzen verfügende Imperium zu zerschlagen. Doch dieses schlägt mit Lanata an der Spitze zurück.