Ausländische Versandapotheken bieten bis zu 40 Prozent Preisvorteil. | Apothekerkammer bleibt gelassen: "Wir bieten Beratung." | Wien. Wie viele Versandapotheken im Internet österreichische Kunden zur Zeit mit Medikamenten versorgen wollen, weiß auch die österreichische Apothekenkammer nicht. Zu unübersichtlich sind die Tiefen des Internets.
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Tatsache ist, dass österreichischen Apotheken aufgrund der strengen Reglementierung des heimischen Apothekenmarktes der Versandhandel von Arzneimittel verboten ist - für ausländische Anbieter gilt dies allerdings nicht.
Rechtsgrundlage dafür ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2003, wonach es jedem Mitgliedstaat selbst überlassen bleibt, ob er den Versandhandel mit Arzneimittel zulässt oder nicht.
"In Österreich hat man sich gegen eine Zulassung entschieden. Deutschland hingegen erlaubt den Versandhandel mit Arzneimitteln. Dass deutsche Anbieter jetzt zu uns liefern, können wir nicht verhindern", erklärt Jutta Pint von der Wiener Apothekerkammer im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Während ausländische Anbieter Kunden per Internet mit saftigen Preisvorteilen bei rezeptfreien Arzneimitteln locken, dürfen österreichische Anbieter lediglich Produkte wie Kosmetika, Ernährungsergänzungsmittel oder Magnesium per Versand vertreiben.
Die Schweizer Versandapotheke Zur Rose beliefert seit mittlerweile drei Jahren - nach eigenen Angaben - 30.000 österreichische Kunden. Mit der Drogeriekette dm hat sie nun einen starken Partner an Land gezogen, der sich ohnehin schon lange an den strengen Reglementierungen des österreichischen Apothekenmarktes gestoßen hat.
"Da uns in Österreich im stationären Handel rechtlich die Hände gebunden sind, haben wir die Kooperation mit Zur Rose gesucht", erklärt dm-Marketingchef Harald Bauer. Denn einer Umfrage zufolge würden mehr als 60 Prozent der Kunden gern bei dm rezeptfreie Arzneien kaufen. Die aus dem böhmischen Ceska Lipa gelieferten Markenprodukte von Zur Rose versprechen gegenüber österreichischen Anbietern Preisvorteile von bis zu 40 Prozent. Der Part von dm bei der Kooperation wird vor allem die Bewerbung des Angebots sein.
"So lange sich die ausländischen Anbieter an die gesetzlichen Regelungen halten, also nur rezeptfreie Präparate vertreiben, die eine österreichische Registriernummer aufweisen, sehen wird das gelassen", meint Pint. Eine Abwanderung der Kunden hin zum Online-Handel befürchtet die Apothekerkammer nicht - man hebt den Beratungsaspekt hervor: "Manche Präparate haben ja auch Wechselwirkungen. Der Konsument ist auf der sicheren Seite, wenn er sich beraten lässt", sagt Pint.
Dubiose Angebote
Auch im Gesundheitsministerium glaubt man nicht an eine Bedrohung der österreichischen Apotheken: "Legale Versandapotheken machen nur einen sehr kleinen Prozentsatz aus. Schwerpunktmäßig handelt es sich bei den Internetanbietern um dubiose Betriebe, die irgendwo auf den Bahamas sitzen und mit Fälschungen handeln", meint Silvia Füszl vom Gesundheitsministerium.
Dass man sich in Österreich gegen den Arzneiversand entschieden hat, erklärt Füszl mit der gesetzlich festgelegten Bedarfsprüfung bei Apotheken: "Die Anzahl von Apotheken zu reglementieren, aber gleichzeitig den Versand uneingeschränkt zu erlauben, wäre ja ein Widerspruch in sich."