Eine Region kämpft für eine gesundheits- und wissenschaftspolitische Vision. Replik auf den Gastkommentar von Hans Pechar vom 30. Juli 2013.
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Die Diskussion rund um die geplante Linzer Medizin-Fakultät hat inzwischen all jene Stereotype zutage gefördert, die man hierzulande gerne bedient, wenn ein Bundesland ein hochgestecktes Ziel verfolgt: Ein Landeshauptmann mit großem Wählerzuspruch wird sarkastisch zum Landeskaiser erhöht, der landespolitische Gestaltungswille zu einem föderalen Muskelspiel degradiert und die wissenschaftspolitische Vision eines Standorts als föderalistisch getriebene Haben-wollen-Attitüde (© Der Standard) verunglimpft. Bekommt das Projekt dann auch noch die Unterstützung der Bundespolitik, wird folgerichtig von primitivem Wählerfang und gezinkten Karten (O-Ton Erhard Busek) gesprochen. Oder von einem wissenschaftspolitischen Kuckucksei.
Mit diesem Attribut hat jüngst Hans Pechar das Projekt in einem Gastkommentar in der "Wiener Zeitung" versehen. Niemand außer "der Oberösterreich-Lobby" halte die Medizinfakultät für sinnvoll. So einfach macht es sich selbst ein Professor für Hochschulforschung.
Wer das Projekt nur von solchem Hörensagen kennt, mag sich an eine Provinzposse erinnert fühlen. Die Fakten sehen anders aus: Etwa 7000 jungen Menschen wird jährlich der Zugang zum Medizinstudium verwehrt. Parallel steigt der Bedarf an versorgungswirksamen Ärzten. Das gilt erst recht, wenn man die Arbeitszeiten in den Spitälern attraktiver gestalten will, um die Abwanderung der Mediziner zu vermeiden. Diesem Trend trägt die Politik mit einer Medizinfakultät in Linz Rechnung. Sie wird jährlich 300 Maturanten den Weg zu ihrem Berufsziel eröffnen.
Mindestens ebenso wichtig ist die forschungspolitische Dimension des Projekts: Land und Gemeinden investieren 225 Millionen Euro in die Infrastruktur der Fakultät; das Finanzressort erhöht das Wissenschaftsbudget für die laufenden Kosten. Wie hoch ist nun aber der Wirkungsgrad dieser Mittel? Angesichts der vorhandenen Potenziale enorm: Schon heute wird an 15 Lehrstühlen der Linzer Kepler Universität medizinnahe Forschung betrieben. Zugleich sind an den oberösterreichischen Spitälern 110 habilitierte Ärzte tätig.
Damit bleibt die Frage nach der Wertschöpfung: Bereits jetzt sind im wirtschaftsstarken Norden mehr als 140 Unternehmen im Bereich der Gesundheits- und Medizintechnologie tätig. Dieser standortsichere Wirtschaftssektor hat ungeahnte Wachstumspotenziale. Es ist das erklärte Ziel der Kepler Universität, ein Medical Valley rund um die Medizinfakultät zu etablieren. Der erfolgreiche Softwarepark Hagenberg dient als Vorbild.
Angesichts dieser Fakten hat die Hochschulkonferenz dem Linzer Projekt unter berechtigten Auflagen zugestimmt. Es ist daher schlicht falsch, wenn Pechar von einer Ablehnung durch "alle Experten und Interessenorganisationen" spricht.
Eine Provinzposse ist die Linzer Medizinfakultät gewiss nicht. Es ist die Verantwortung der Kepler Universität, die zugewiesenen Mittel so effizient einzusetzen, wie das an den bestehenden Fakultäten selbstverständlich ist. Deren Forschungsleistung hat die Kepler Universität unter die 100 besten jungen Universitäten weltweit gebracht. Das sollte auch für eine Medizinfakultät einen Vertrauensvorschuss rechtfertigen.