Pleiten im Handel betreffen meist Lebensmittelsparte. | Größter Pleitefall war 1995 Konsum mit 1000 Standorten. | Forstinger und Libro konnten nach dem Knock-out weitermachen. | Der spektakuläre Konkurs von Quelle Österreich gehört gemessen an den Passiva und der Zahl der betroffenen Personen zu den größten Handelspleiten (siehe Grafik unten). Die rot-weiß-roten Händler schlagen sich im Vergleich zu pleitegefährdeten Sektoren wie Bauwirtschaft, Dienstleister und Gastronomie zwar wacker. Dennoch mussten in diesem Jahrzehnt mehr als 4200 Handelsbetriebe Konkurs oder Ausgleich anmelden.
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Im Vorjahr strichen laut Pleite-Statistik des Kreditschutzverbandes von 1870 genau 407 Handelsbetriebe die Segel, wobei die Ursachen von zu geringem Eigenkapital über strukturelle Branchenprobleme bis zu individuellem Missmanagement reichten. Am häufigsten erreichte es mit 51 Fällen (Stichwort Greißlersterben) die Bereiche Lebens- und Genussmittel, gefolgt von der Textil- und Lederbranche (39 Pleiten) und Transportmittel bzw. Kraftfahrzeuge mit 36 Insolvenzen. Die wenigsten Handelspleiten wurden in den Branchen Holz und Möbel, Glas und Keramik sowie Uhren und Schmuck bzw. Foto und Optik verzeichnet.
Großpleiten blieben allerdings auch Österreichs Handelslandschaft, die in den letzten zwanzig Jahren nur für jede zehnte Pleite zuständig war, nicht erspart. Auch in diesem Wirtschaftsbereich - mit rund 530.000 unselbstständig Beschäftigten der zweitgrößte Arbeitgeber im Lande - erwiesen sich etliche Unternehmen als nicht lebensfähig, die lange Zeit als unantastbare Monumente gegolten hatten.
Der in der linken Reichshälfte verankerte Konsum Österreich etwa taumelte mit seinen mehr als 1000 Standorten im März 1995 ins finanzielle Chaos, weil er dynamisch wachsenden Rivalen wie Billa oder Spar einfach nicht gewachsen war.
Kaindl, Herlango und Co. verschwanden
Das Brüderpaar Kurt und Peter Kaindl wiederum musste 1998 Konkurs anmelden und die 33 Läden seiner traditionsreichen Hartwarenkette schließen. Die Gründe: Die Zeichen der Zeit wurden nicht erkannt, die rasche Expansion fand nicht in Einklang mit der bescheidenen Finanzkraft statt - und das breite Bauchladen-Sortiment erforderte zu viel Personal, um mit neuen Konkurrenten mitzuhalten.
Die Fotokette Herlango, die zunächst ihren Eigentümer Bernhard Goldmann überfordert hatte und sich sodann für die neue Inhaberfamilie Theuretzbacher als Fass ohne Boden erwies, ging nach der Insolvenz 1992 an den Mitbewerber Niedermeyer. Dieser konnte ein paar Jahre später ein ähnliches Schicksal gerade noch abwenden, verkaufte die Fotoläden an max.mobil und musste lediglich die auf Brillen spezialisierte Niedermeyer Augenoptik in Konkurs schicken.
Karl Steiner, jahrelang bewunderter Gesellschafter der Firma Holz Steiner, hatte seine Laufbahn 1999 abrupt zu beenden, weil er letztlich an sich selbst gescheitert war: Er hatte bestens eingeführte Betriebe wie Teppichland und FliesenCity aufgekauft, die grundsätzlich als profitabel gegolten hatten, diese jedoch heruntergewirtschaftet, wobei er mit dem Vorwurf von Malversationen konfrontiert war. Im Konkurs wurden die Unternehmen rasch verkauft.
Anders als der Textilfilialist Litega, der 2004 liquidiert werden musste, weil er keine Chance gegen Mitbewerber wie Leiner/Kika, Lutz oder Matratzen Concord mehr hatte, oder der rechtzeitig vor der Pleite vom heutigen Wein&Co-Chef Heinz Kammerer verkaufte Sanitär- und Fliesenspezialist Ikera, der 1999 in Konkurs ging und vom Markt verschwand, gibt es für etliche Unternehmen ein Leben nach der Insolvenz.
Libro, Forstinger & Co. durften im Spiel bleiben
Was sich das Linzer Versandhaus Quelle nur wünschen kann - als Marke erhalten zu bleiben - schafften beispielsweise Kleiderbauer, Forstinger und Libro.
Die im Jahr 2000 in Konkurs gerasselte Textilkette Kleiderbauer GmbH wurde vom deutschen Ex-Eigentümer Wöhrl um 7,3 Millionen Euro an das Brüder-Paar Peter und Werner Graf weitergereicht. Die neuen Inhaber verpassten der Modefirma unter dem Firmennamen KBS Kleider Bauer Betriebs-GmbH ein neues Outfit und mischen mit mehr als 1000 Mitarbeitern und 30 Geschäften in ganz Österreich immer noch mit.
Auch die Autozubehör- und Reparatur-Kette Forstinger durfte nach einem Ausgleich im Jahr 2001 noch einmal durchstarten: Das seinerzeit in schweren finanziellen Nöten steckende Familienunternehmen, das sich etwa bei der Übernahme der PS-Märkte übernommen hatte, wurde zunächst vom Topsanierer Erhard Grossnigg aufgefangen und auf den verschärften Wettbewerb eingestimmt. Um richtig auf Touren zu kommen, bedurfte es allerdings noch zweier Eigentümerwechsel. Nach dem Konkurs der schwächelnden Mutter FHS Beteiligungsverwaltungs GmbH im April 2009 wurde Forstinger von der österreichischen Investorengruppe Better Place aufgekauft und darf sich mit 123 Filialen immer noch als Nummer eins der Branche sehen.
Auch nach der spektakulären Libro-Pleite konnten die Arbeitsplätze erhalten werden. So, als wäre bereits der Börsegang der Buch- und Papierhandelskette ein Erfolgskonzept, setzte der damalige Firmenchef André Rettberg auf eine überzogene Expansion - die Rechnung mussten die Gläubiger zahlen. Nach dem Ausgleich Mitte 2001 und Anschlusskonkurs ein Jahr danach wurde die Libro AG, die mit 349 Millionen Euro in der Kreide stand, von einem Konsortium rund um Josef Taus gerettet. Heute beschäftigt die Libro Handels GmbH 1600 Mitarbeiter in 230 Filialen und ist nach wie vor Marktleader. Die Pleite-Story ist immer noch nicht beendet: Erst kürzlich wurde, acht Jahre nach dem Crash, die Anklage gegen fünf damalige Manager, lautend auf Untreue, schweren Betrug und Bilanzfälschung, fertig gestellt. Den Betroffenen, für die die Unschuldsvermutung gilt, wird nächstes Jahr in Wiener Neustadt der Prozess gemacht. Erst dann wird der Krimi Libro Geschichte sein.