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Belgier Brammertz soll Hariri-Ermittlungen zu Ende führen. | Beirut. Die erste Morddrohung erhielt Serge Brammertz, noch bevor er seinen neuen Job überhaupt angetreten hatte. Eine Gruppe namens "Kämpfer für Einheit und Freiheit der Levante" warnte den neuen Leiter der UNO-Sonderkommission zur Aufklärung des Mordes an Libanons Ex-Premier Rafik Hariri Ende Dezember davor, sich in die inneren Angelegenheiten des Landes einzumischen. Schon Detlev Mehlis, der deutsche Vorgänger des belgischen Starjuristen, so die bislang unbekannte Extremistentruppe, könne von Glück reden, dem Tod entkommen zu sein.
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Es dürfte nicht die letzte Drohung bleiben, die der am Mittwoch von UNO-Generalsekretär Kofi Annan zum neuen Chef über mehr als 100 Mitarbeiter aus 30 Nationen ernannte Brammertz erhält. Mehlis Abgang aus Beirut nach wenig mehr als einem halben Jahr ist Diplomaten zufolge vor allem auf Sicherheitsbedenken zurückzuführen, die mit den politisch sensiblen Ermittlungen in höchsten Staatskreisen in Syrien und Libanon zusammenhängen.
Und auch der aus seiner bisherigen Aufgabe als stellvertretender Chefankläger beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag (ICC) bestens mit den Methoden undemokratischer Regimes wie im Sudan, im Kongo oder in Uganda vertraute Brammertz steht vom ersten Arbeitstag an im Visier einheimischer Gegner der internationalen Untersuchungskommission. Schon kommende Woche wird er in Beirut eintreffen.
Knochenarbeit
Bis Mitte Juni hat der Weltsicherheitsrat dem schon mit 40 Jahren zum belgischen Bundesanwalt ernannten Sonderermittler Zeit gegeben, die Arbeit von Mehlis zu Ende zu führen - alles andere als ein leichtes Unterfangen. Denn während der Berliner Staatsanwalt eine Schuld syrischer Sicherheitskreise und ihrer libanesischen Helfershelfer lediglich politisch nahe legen musste - und im Libanon in kurzer Zeit zum gefeierten Volkshelden avancierte -, steht sein 43-jähriger Nachfolger nun die weitaus diffizilere Detailarbeit hervor, die Verwicklungen juristisch wasserdicht zu belegen.
Lorbeeren gewinnen kann er damit nicht, und die wiederholte Weigerung des syrischen Präsidenten Bashar Assad (zuletzt bekräftigt am Donnerstag), sich von den UNO-Ermittlern vernehmen zu lassen, zeigt, dass Damaskus trotz internationalen Drucks weiter auf Blockade setzt.
Frühere Mitarbeiter äußern darüber hinaus Zweifel, ob der promovierte Jurist die für den Job unerlässliche Hartnäckigkeit mitbringt. Den nächsten Karriereschritt immer im Auge, führe er "nie zu Ende, was er angefangen hat", zitierte die belgische Tageszeitung "Le Soir" einen Ex-Kollegen an der Bundesanwaltschaft in Brüssel.
Zweite Wahl
Annans erste Wahl war Brammertz ohnehin nicht, und auch Mehlis frühes Plädoyer für den Jungjuristen halten manche Diplomaten weniger dessen fachlichen Qualitäten zugute als Bedenken, eine lange Kandidatensuche könne dem Ansehen der Kommission schaden.
Da der von libanesischen Politikern geforderte Aufbau eines internationalen Sondergerichts zur Verurteilung der Verantwortlichen nicht unter das Mandat des Belgiers fällt, scheint es gut möglich, dass er sich schon bald nach Den Haag zurücksehnt. Und das nicht nur wegen der Morddrohungen.