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Mehr als bloßes Händeschütteln

Von Alexander Dworzak und Michael Schmölzer

Politik

Was François Hollande beim Schmieden einer Allianz gegen die Terrormiliz IS bisher erreicht hat.


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Wien. David Cameron, Angela Merkel und Matteo Renzi zu Gast in Paris, dazu Gespräche bei Wladimir Putin in Moskau und Barack Obama in Washington: Seit Beginn der Woche sucht Frankreichs Präsident François Hollande Unterstützung bei Großbritannien, Deutschland, Italien, Russland und den USA im Kampf gegen die islamistische Terrormiliz Islamischer Staat (IS), die für die Anschläge von Paris mit 130 Toten verantwortlich ist. Die "Wiener Zeitung" analysiert, zu welcher Unterstützung die einzelnen Länder bereit sind.

Er wisse, er könne auf Deutschland zählen, "wenn das Unglück unser Land trifft", sagte Frankreichs Präsident François Hollande beim Treffen mit Angela Merkel am Mittwoch. Zu diesem Zeitpunkt hatte die deutsche Kanzlerin bereits angekündigt, 650 Soldaten nach Mali zu entsenden, um die französische Armee zu entlasten. Im Irak wird das Kontingent an Ausbildern für die kurdischen Peschmerga von 100 auf 150 Soldaten erhöht. "Falls Deutschland weitergehen könnte, wäre das ein sehr gutes Signal", richtete Hollande aus. Tatsächlich werden in Berlin weitreichende Pläne gewälzt: Merkel und die zuständigen Minister beschlossen am Donnerstag den Einsatz von "Tornado"-Aufklärungsfliegern gegen den IS in Syrien. Dazu kommen ein Kriegsschiff und mindestens ein Tankflugzeug. Festzustehen scheint dabei, dass Deutschland - anders als die USA und Frankreich - keine Stellungen des IS bombardieren wird. Aus Sicherheitskreisen in Berlin dringt, es gebe nämlich keinen Mangel an Kampfjets, sondern an Zielen. Insofern kämen Aufklärungsflüge der internationalen Koalition zupass.

Beteiligungen der Bundeswehr an offensiven Kampfeinsätzen im Ausland sind aufgrund der deutschen Geschichte innenpolitisch heikel. Jedoch verfügt die schwarz-rote Koalition über eine satte Zweidrittelmehrheit im Bundestag, einzelne Abweichler würden also nicht ins Gewicht fallen. Anders als beim Kosovokrieg 1999 - damals unter Rot-Grün - will sich die Regierung nur beteiligen, sofern ein UN-Mandat vorliegt: "Ohne wäre das sicherlich sehr schwierig", gibt Roderich Kiesewetter, Obmann für Außenpolitik der CDU/CSU-Fraktion, zu bedenken.

Es war eine der bittersten Stunden als Premier für David Cameron, als das britische Unterhaus im August 2013 seinem Vorschlag nicht folgte, britsche Luftangriffen gegen den IS im Irak auch auf Syrien auszuweiten. Angesichts des Terrors von Paris wirbt Cameron nun erneut bei den Abgeordneten für einen Einsatz in Syrien. "Wir sind einer fundamentalen Bedrohung unserer Sicherheit ausgesetzt und können nicht auf eine politische Lösung warten", sagte Cameron am Donnerstag im Unterhaus.

Doch die Parlamentarier sind nicht überzeugt. Bereits Anfang des Monats hatte der Auswärtige Ausschuss Pläne Camerons zur Bombardierung der Miliz als "inkohärent" zurückgewiesen. Seine Tory-Alleinregierung verfügt nur über eine hauchdünne Mehrheit. Um vor Hinterbänklern aus den eigenen Reihen gewappnet zu sein, müsste sich Cameron mit der Labour-Party absprechen. Doch auch dort gibt es keine einheitliche Linie; Parteichef Jeremy Corbyn ist tendenziell gegen Luftangriffe, hat sich jedoch noch nicht festgelegt. Die Scottish National Party, drittstärkste Kraft im Unterhaus, hat ein Ja ihrer 54 Abgeordneten nur für den Fall eines UN-Mandats angekündigt.

Eigentlich möchte Cameron noch vor der Winterpause Mitte Dezember über den Einsatz abstimmen lassen. Aber nur wenn er sich einer Mehrheit sicher ist, wird das Votum erfolgen - und das könnte länger noch dauern.

In der Bevölkerung herrscht die Sorge, britische Städte könnten wie Paris von Terroranschlägen heimgesucht werden, wenn man den IS in Syrien angreift. Schließlich rissen vier islamistische Selbstmordattentäter 2005 in London 52 weitere Personen in den Tod. Großbritannien sei bereits jetzt Ziel der Miliz, umso wichtiger sei es, nun Schritte zu setzen, entgegnet Cameron. Auch das Desaster des Irak-Kriegs ab 2003 spielt eine Rolle, als der damalige Premier Tony Blair von einem Teil der Öffentlichkeit zum willfährigen Pudel von US-Präsident George W. Bush stilisiert wurde. Cameron versichert, Großbritannien werde keine Bodentruppen entsenden und arbeite bereits an Plänen zum Wiederaufbau Syriens für die Zeit nach dem Sturz nicht nur des IS, sondern von Präsident Bashar al-Assad.

Derzeit fliegen Russland und Frankreich unabhängig voneinander Luftangriffe in Syrien. Am gestrigen Donnerstag hat Hollande Kremlchef Wladimir Putin in Moskau getroffen, um über ein gemeinsames Vorgehen zu beraten. Putin hat zuletzt betont, dass er eine Anti-Terror-Koalition in Syrien unbedingt will. Ein französisch-russischer Gleichschritt ist aber schwer vorstellbar, weil beide Länder in Syrien völlig unterschiedliche Ziele verfolgen. Putin setzt auf Assad, Hollande will, dass der syrische Machthaber "so bald als möglich" zurücktritt. Für Moskau sind offenbar alle Kräfte, die gegen die syrische Armee kämpfen "Terroristen", nicht nur der IS. Das sieht man in Paris völlig anders. Frankreich und Russland eint, dass beide Länder zuletzt Opfer des IS-Terrors geworden sind. Ende Oktober war über dem Sinai eine russische Passagiermaschine mit 224 Passagieren an Bord durch eine IS-Bombe zum Absturz gebracht worden.

Ob das ausreicht, um den Islamischen Staat gemeinsam, koordiniert und effizient zu bekämpfen, ist aber fraglich. Auch hat der Abschuss eines russischen Bombers durch das Nato-Land Türkei das Gesprächsklima zwischen Paris und Moskau nicht unbedingt verbessert.

Nach den Pariser Anschlägen hat François Hollande am Dienstag US-Präsident Barack Obama in Washington getroffen, um Möglichkeiten für ein verstärktes Vorgehen gegen den IS auszuloten. Obama versicherte, die Vereinigten Staaten und Frankreich würden in "totaler Solidarität" zusammenstehen. Aus französischer Sicht ist zu befürchten, dass das nicht mehr als leere Worte sind. Die USA haben derzeit einige Dutzend Kampfjets gegen den IS im Einsatz; gut möglich, dass die Bombardements als Reaktion auf die Anschläge eine Zeit lang verstärkt werden. "Falken" unter den Republikanern kritisieren aber, dass Washington halbherzig zu Werke geht. Auch Liberale sind mittlerweile der Ansicht, die USA müssten ihre Verantwortung in Syrien stärker wahrnehmen. Die Bombenangriffe fallen spärlich aus, "boots on the ground", also Bodentruppen, hat Obama von vornherein ausgeschlossen. Zu tief sitzen die traumatischen Erfahrungen des Irak- und Afghanistan-Feldzuges. Allerdings hat Obama zuletzt angekündigt, dass 50 Militärberater nach Syrien entsandt werden. Für die französischen Bemühungen macht das allerdings keinen großen Unterschied. Die prinzipielle Linie der Zurückhaltung wird Obama auch Frankreich zuliebe nicht aufgeben. Immerhin sollen moderate Rebellen im Raum Aleppo jetzt über die Panzerabwehrwaffe vom Typ Tow verfügen - ein potenziell wirksames Mittel auch gegen den Islamischen Staat.

Eine neue US-Politik in Syrien gibt es frühestens nach den amerikanischen Präsidentenwahlen im November 2016. Washington hat sich kurzfristig immerhin bereit erklärt, die Zusammenarbeit mit Frankreich und anderen europäischen Ländern beim Austausch von Geheimdienstinformationen auszubauen.

Enttäuschend verlief aus Sicht des französischen Präsidenten der Termin mit Italiens Premier Matteo Renzi am Donnerstagmorgen. Zwar betonte auch der Sozialdemokrat die Notwendigkeit, eine breite Allianz zur Zerstörung des IS zu schmieden. In Sachen eines militärischen Einsatzes gegen die Terrormiliz in Syrien oder anderer konkreter Maßnahmen hielt sich Renzi jedoch zurück. "Frankreich tut sehr viel, vor allem in Afrika. Ich glaube, dabei müssen wir dem Thema Libyen oberste Priorität einräumen, erklärte der Premier. Die frühere italienische Kolonie ist politisch chronisch instabil und ein Nährboden für Terrorgruppen. Neben dem Terror wollte Renzi auch die Flüchtlingskrise erörtern: "Der einzige Weg, den Exodus von Asylbewerbern, Flüchtlingen und Migranten zu stoppen, ist Bürgerkriege zu beenden", sagte der Premier.

Ein Termin Hollandes in Österreich ist in nächster Zeit nicht geplant. Doch auch Österreich ist Mitglied der Anti-IS-Allianz, als neutraler Staat aber nur politisch tätig und entlastet Frankreich im Kampf gegen den Terror indirekt. Die Franzosen haben im von Islamisten heimgesuchten Mali 3500 Soldaten stationiert, Paris fordert schon lange von den EU-Partnern Entlastung. Österreich wird 15 Soldaten - zehn Stabsoffiziere und fünf Beobachter - Anfang 2016 im Rahmen der UN-Mission Minusma nach Mali schicken. Das war freilich schon vor dem Paris-Terror beschlossen. Zudem sind sieben österreichische Soldaten als EU-Ausbildner in Mali. Im Verteidigungsministerium sagt man auf Anfrage der "Wiener Zeitung", dass das österreichische Kontingent demnächst aufgestockt werden könnte.

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