Der tschechische Präsident hat getan, was er versprochen hat, und den Lissabon-Vertrag unterzeichnet. Die britischen Konservativen haben - wohl auch nicht ohne Erleichterung - ihre angekündigte Revolte gegen diesen Vertrag abgeblasen.
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Den europäischen Bürgern, um deren Nähe sich die EU so bemüht, wird das Spektakel reichlich gekünstelt vorkommen. Römische Verträge, Maastricht-Vertrag, Vertrag von Nizza, jetzt der Lissabon-Vertrag. Da kann man schon leicht die Übersicht verlieren, und den meisten ist dies wohl auch längst passiert.
Richtig ist zudem, dass die EU ja auch bisher funktioniert hat, was soll sich also ändern? Nun, eine der interessantesten Änderungen ist sicherlich die beginnende Verzahnung von nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament. Gewählte Mandatare mehrerer Länder können künftig das EU-Parlament zwingen, sich mit einer bestimmten Materie zu befassen.
Das wird die Präsenz von in Österreich gewählten EU-Parlamentariern im Hohen Haus in Wien eindeutig erhöhen, ebenso die Kooperation von nationalen Parlamenten. Das wird den Polit-Tourismus erhöhen, werden rechte Populisten einwenden - stimmt.
Es wird aber auch das derzeit (vermutlich nicht nur in Österreich) inexistente Verständnis zwischen den Parlamenten fördern. Und das ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine Bewältigung der Zukunftsaufgaben Europas. Das klingt geschwollen, ist es aber nicht. Bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise ist in Wien zu hören: Das können wir nicht machen, das ist EU-Recht. Und in Strassburg war jüngst von Kommissionspräsident Barroso mehrmals zu hören: Gegen die Arbeitslosigkeit kann die EU nicht mehr machen, das ist Sache der Mitgliedstaaten.
Diese Sätze offenbaren, dass es in Europa an Verbindungsgliedern fehlt, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Und wenn die Kooperation von Parlamentariern verschiedener EU-Länder auch nur einem Arbeitslosen einen Job verschafft, dann hat sich der Lissabon-Vertrag gelohnt. Die Wirtschaft ist grenzüberschreitend vernetzt. Die Vernetzung der Politik ist daher überfällig.