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Mehr als eine Schlacht gegen al Sadr

Von Ravi Nessman, AP

Politik

"Groß angelegte Operationen zur Zerstörung der Miliz" hat ein Sprecher der US-Truppen in Najaf nach tagelangen Gefechten mit schiitischen Aufständischen angekündigt. Mit ihrem Einmarsch in das Zentrum der irakischen Pilgerstadt gehen die US-Truppen ein großes Risiko ein: Das Risiko, die irakischen Schiiten und damit die Mehrheit der Bevölkerung gegen sich und gegen die Übergangsregierung in Bagdad aufzubringen. Doch den Konflikt weiter auf kleiner Flamme zu halten, könnte sich langfristig als noch gefährlicher erweisen.


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Auf dem Spiel steht unter anderem der Ruf des neuen irakischen Ministerpräsidenten Iyad Allawi. Er hat ein entschlossenes Vorgehen gegen Aufständische und ein Eindämmen der Gewalt angekündigt, unter der auch viele Iraker leiden. Mit diesem Kurs erwarb er sich durchaus Anerkennung - sogar, als er im vergangenen Monat ausdrücklich die Verantwortung für einen US-Luftangriff auf die Widerstandshochburg Falluja übernahm.

In Najaf ist die Lage allerdings schwieriger. Der Anführer der Aufständischen, Muktada al Sadr, hat sich zusammen mit seinen Gefolgsleuten in der Imam-Ali-Grabmoschee verschanzt - einem der wichtigsten Heiligtümer der schiitischen Muslime. Ein Angriff auf diese Moschee würde die Schiiten im ganzen Land empören. Sollte Sadr dabei ums Leben kommen oder gefangen genommen werden, könnte der von vielen Schiiten als Held verehrte Prediger zum Märtyrer verklärt werden. Die Übergangsregierung bemüht sich, einer Heroisierung entgegenzuwirken. Innenminister Falah Hassan al Nakib warf den Aufständischen Verrat am eigenen Volk vor. "Sie versuchen, den Wiederaufbau des Irak zu sabotieren, hindern die Iraker daran, ein normales Leben zu führen und bedrohen ihre Zukunft", sagte der Minister.

Dennoch forderten in Basra 5.000 schiitische Demonstranten den Abzug der US-Truppen aus Najaf und kritisierten die Übergangsregierung für ihre Zusammenarbeit mit den Amerikanern. In der Stadt Amara kündigten gar mehrere hundert Mitglieder der irakischen Nationalgarde an, zu Sadrs Miliz "Mahdi-Armee" überzulaufen.

Diese Entwicklungen lassen einen Großangriff in Najaf äußerst riskant erscheinen. Sie zeigen andererseits auch, dass das bisherige Vorgehen keine Alternative ist: Schon jetzt sind zahlreiche Schiiten aufgebracht, und der Dauerkonflikt droht die Autorität der Übergangsregierung zu schwächen.

Ein vernichtender Schlag gegen die "Mahdi-Armee" wäre dagegen eine klare Botschaft an alle Aufständischen - und an die Bevölkerung insgesamt. "Dies ist mehr als eine Schlacht gegen Sadr. Es ist ein Kampf, der beweisen soll, dass die neue Regierung stark genug ist, den Irak zu beherrschen", urteilt der britische Politologe Gareth Stansfield vom "Royal Institute of International Affairs".

Die US-Truppen betrachten es mittlerweile als Fehler, dass sie sich im Frühjahr zu einem Waffenstillstand mit Sadr bereit erklärten. Dadurch gewann die Mahdi-Miliz - obwohl nach zweimonatigen Kämpfen gegen die US-Streitkräfte erheblich geschwächt - Zeit, um neue Mitstreiter zu rekrutieren und sich wieder zu bewaffnen. Nicht zufällig gingen die Kämpfe der vergangenen Woche vom Friedhof der Stadt Najaf aus, einem Gelände, das US-Soldaten nach dem Waffenstillstandsabkommen nicht mehr betreten durften. Irakische Zeugen bestätigen, dass die Milizionäre die Waffenruhe mehrfach brachen, indem sie Polizisten in Najaf angriffen.

Vor diesem Hintergrund wird klar, warum die US-Streitkräfte in den vergangenen Tagen mehrere Waffenstillstandsangebote abgelehnt haben. "Sie wollen jetzt eine vollständige Auslöschung von Muktada al Sadr", meint der britische Sicherheitsexperte Mustafa Alami, Berater am Royal United Services Institute for Defense and Security Studies. Umgekehrt machen auch die Aufständischen deutlich, dass sie keinen Kompromiss mit den US-Truppen akzeptieren werden. "Die Besatzungstruppen haben begriffen, dass es keine Stabilität im Irak geben wird, ehe Muktada al Sadr fort ist. Ebenso glaubt Sadr, dass es keine Stabilität geben wird, ehe die Besatzungstruppen fort sind", sagte ein Sprecher des Geistlichen, Ahmed al Shaibani. "Diese beiden Strömungen können nicht nebeneinander existieren."