Gutes Wohn-Management kümmert sich um Befindlichkeiten der Bewohner.
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Wien. Viele Probleme in Wohnhausanlagen entstehen aus Missverständnis gepaart mit einer Unwissenheit gegenüber anderen Menschen. "Was bedeutet es, dass die einen ihre Schuhe in der Wohnung und andere vor der Haustüre stehen haben?" Diese Frage stellt dazu Gudrun Biffl, Leiterin des Migrations-Departments der Donau-Universität Krems. Daher müsse es die Möglichkeit eines Diskurses geben, um eventuelle Eigenheiten von Nachbarn zu verstehen und diese nicht als Provokation aufzufassen. Nicht jeder muss der beste Freund seiner Nachbarn sein, ein Nebeneinander sei auch in Ordnung, sofern niemand Schaden nehme, ist die Wissenschafterin überzeugt.
Wichtig sei auch die Gestaltung vor dem Haus: "Wenn es keinen Park gibt, dann muss man einen machen", betont Biffl. Um Konflikte etwa zwischen Jung und Alt zu vermeiden, müsse es eine räumliche Zuordnung geben, bei der niemand gestört werde.
"Es kann auch nicht alles über den Hausmeister laufen", sagt Biffl. Es brauche vielmehr eine externe Hausverwaltung, die als Mediator fungiere, und ein Gebietsmanagement mit gut ausgebildeten Mitarbeitern, um ein Wohnumfeld positiv und möglichst konfliktfrei zu gestalten. Der Blick von außen helfe oft, um einen Überblick zu bekommen. So könne auch eine Wohnanlage, durchmischt mit Jungen und Alten sowie Migranten und Nicht-Migranten, funktionieren. Die nötigen Kompetenzen können sich Verantwortliche des Wohnwesens, Mitarbeiter von Verwaltung und Beratungseinrichtungen sowie Sozialarbeiter ab dem Wintersemester 2013/14 im neuen Lehrgang "Migrationssensibles Wohnmanagement" der Donau-Uni aneignen. Für Teilnehmer mit Migrationshintergrund schreibt die Uni in Kooperation mit der "Wiener Zeitung" ein Stipendium aus.
Sozialer Ort muss vor dem Bauen mitgedacht werden
Biffl nimmt auch die Bauträger in die Pflicht. Denn ein multifunktionaler Raum als sozialer Ort sei unumgänglich und müsse bereits vor dem Bauen einer Wohnhausanlage mitgedacht werden. Ohne Organisation bekäme ein friedliches Zusammenleben aber auch mit Sozialräumen Risse. Ein Beispiel, wo es etwa schlecht funktioniere, sei der Karl-Marx-Hof in Wien. Die Toleranz gegenüber anderen Traditionen und anderen Religionen sei dort sehr gering, und das Wohn-Management versage auf allen Ebenen, sagt Biffl.
Man könnte die Bewohner mit Aktivitäten, wie etwa einen Garten anlegen und pflegen, beschäftigen, wenn sie etwa arbeitslos oder in Pension seien. Diese Arbeitsprojekte in informeller Arbeitsatmosphäre könnten eventuell auch mit dem AMS gekoppelt werden. "Ein gutes Wohn-Management überlegt sich, wie vielen Bewohnern es nicht gut geht und wie man deren Stimmung heben könnte", erklärt sie. Dadurch entstehe automatisch auch ein Gefühl der Sicherheit im Wohnumfeld. Dann bräuchten etwa Frauen mit Kopftuch keine Angst zu haben oder sich nicht um das reibungslose Heimkommen ihrer Kinder Sorgen zu machen.
Verantwortliche in Position des Reagierens bringen
Der neue Lehrgang an der Donau-Uni Krems soll das nötige Fachwissen vermitteln, um Verantwortliche des Wohnwesens von einer Position des Agierens in die Position des Reagierens zu bringen. Der Lehrgang wird berufsbegleitend angeboten und ist modular aufgebaut. Er setzt sich aus den beiden Programmen "Migrationssensible Hausverwaltung und Gebietsmanagement" und "Migrationssensibles Vergabe- und Besiedlungsmanagement" zusammen. Migranten werden durch Stipendien gesondert angeworben. "Gerade diese Teilnehmer sollen qualifiziert werden, durch die Weiterbildung Schlüsselpositionen im Wohnungswesen zu übernehmen", sagt Margarete Czerny, die den Lehrgang wissenschaftlich leitet. Der Lehrgang kann als Zertifikatsprogramm in einem Semester oder in vier Semestern mit dem Abschluss "Akademische/r ExpertIn" abgeschlossen werden. Die Bewerbungsfrist endet am 30. Juni 2013.