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300 Spieler aus aller Welt nehmen am diesjährigen Turnier teil.
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Wien. 15 Pokale thronen bereits am Regal in Zarif Ahmadis Wohnung. Am Samstag könnte der 16. dazukommen. Der 22-jährige Flüchtling aus Afghanistan ist Trainer des Fußballclubs "FC Azadi." Azadi bedeutet Freiheit in der afghanischen Landessprache Dari. Alle Spieler des Clubs sind junge Asylwerber aus Afghanistan.
Diesen Samstag werden sich die 20 jungen Männer zum dritten Mal bei der Integrationsfußball Weltmeisterschaft, gesponsert von den Casinos Austria, messen. 24 Teams kämpfen dieses Jahr gegeneinander an. Die Spieler stammen aus aller Welt. Ab 9 Uhr finden die Vorrundenspiele im Sportcenter der Donaucity im 22. Bezirk statt, die Finalspiele folgen am Nachmittag. Neben diversen Nationalmannschaften stellen sich dieses Jahr auch Abgeordnete des Parlaments, das Team FC Nationalrat, dem Nationalteam der österreichischen Bürgermeister.
Vor zwei Jahren fand das Turnier das erste Mal in Wien statt. Aus der Taufe gehoben wurde die Weltmeisterschaft aber bereits während der Fußball-EM 2006. "Eine Gastgartenidee", sagt Veranstalter Erwin Himmelbauer. Mit Freunden saß der Salzburger Journalist damals in einer griechischen Taverne und plante ein Hobby-Turnier. Ziel der Veranstaltung ist es, "gelebte Integration am Fußballplatz zu vorzeigen". "Es hat funktioniert. Und es gab einen enormen Bedarf", erklärt Himmelbauer. Seitdem findet es jedes Jahr statt und wurde immer größer. In Salzburg traten mehr als 50 Teams in zwei Tagen gegeneinander an. Himmelbauer erinnert sich an zahlreiche Anekdoten, als beispielsweise begeisterte afghanische Mütter mit ihren Kinderwägen auf den Rasen stürmten, als das afghanische Team ein Spiel gegen die Engländer gewonnen hatte. Oder als der Kapitän des iranischen Teams plötzlich das Feld frühzeitig räumte, da er noch am selben Tag seine Matura absolvieren musste.
Trainieren bis zum Umfallen
Der Kapitän des portugiesischen Teams Ruben Teixeira trainiert bis zur letzten Sekunde für das Turnier. Immerhin gilt es den Titel aus dem Vorjahr zu verteidigen. Im gelben Trikot mit der Nummer 1 steht er im Tor und scherzt mit seinen Mitspielern. Am Samstag feiert er seinen 35. Geburtstag, ein Sieg wäre das schönste Geschenk.
Mit seinen 35 Jahren ist Teixeira der "Papa" des Teams. Der 130 Kilo schwere Mann kam 2004 nach Wien. Er besitzt das Café Lusitanos in der Leopoldstadt. Mit seinem Team, dem FC Lusitanos, will er auch dieses Jahr wieder "eine Katastrophe machen" - sprich: gewinnen. Bis zu 15 Spieler kicken für den Hobbyverein. Stolz ist er auf sein Team. Teixeira zückt sein Handy, scrollt durch seine Facebook-Fotos. Vergangenes Jahr druckte sogar die Kronenzeitung ein Bild von ihm ab. Ein anderes Foto zeigt ihn mit dem Siegerpokal strahlend vor der UNO-City posieren. Sein Kollege Oscar Palma gönnt ihm den Erfolg. Der 58-jährige Chilene ist ebenfalls Trainer, nur nimmt sein Verein nicht an der diesjährigen Meisterschaft teil. Lachend klopft er Torwart Teixeira auf den Kugelbauch: "Laufen kann er zwar nicht, aber fliegen." Palma zeigt mit einer Armbewegung über das Feld. Hier finde Integration statt, meint er. Spieler aus unterschiedlichen Nationen trainieren an diesem Nachmittag: Algerien, Kolumbien, Peru, Chile, Paraguay, Costa Rica, Brasilien, Bulgarien, Kosovo, Guinea Bissau sind vertreten. Sie spielen regelmäßig miteinander, reden über Wohnungs- und Arbeitsprobleme - und vor allem unterstützen sie sich gegenseitig. "Das ist die Realität", sagt Palma.
Das Fußballturnier am Samstag wird zwar nach einem Tag wieder vorbei sein, aber viele Spieler bleiben auch danach in Kontakt. Sie kennen sich aus anderen Vereinen oder spielen sonst gemeinsam im Team. Der portugiesische Torhüter Ruben Teixeira ist dem afghanischen Jungtrainer Zarif Ahmadi kein Unbekannter. "Ein guter Mann", meint Ahmadi. Für die Afghanen zählt vor allem die Möglichkeit, sich sportlich mit anderen Teams messen zu können. Das Turnier gibt ihnen auch die Möglichkeit, Deutsch zu üben. Die Asylwerber suchen zurzeit auch noch einen Sponsor für ihren Verein, der die Platzmiete übernimmt. Schließlich leben die jungen Männer alle lediglich von der Grundversorgung. Und die beträgt neben den betreuten Unterkünften 40 Euro Taschengeld im Monat.