Eine Reihe von Maßnahmen im neuen Regierungsprogramm richtet sich an Firmen. Experten ist jedoch vieles zu vage.
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Wien. Der größte Teil des am Montag vorgestellten Regierungsprogramms, nämlich 12 Seiten, ist Maßnahmen gewidmet, die die Arbeitslosigkeit senken sollen und Unternehmen entlasten beziehungsweise Unternehmensgründungen begünstigen sollen. So sollen über die kommenden fünf Jahre 70.000 neue Jobs entstehen. Allein heuer sollen es 20.000 sein.
Start-up-Förderungen, vorzeitige Abschreibung, mildere Insolvenzbestimmungen, ein neues Stiftungsrecht - eine Reihe von Vorhaben richtet sich dabei direkt an Unternehmen und soll einen Investitionsschub auslösen.
"Das Programm ist ein positives politisches Symbol", sagt Wifo-Vizechef Marcus Scheiblecker. Der Regierung spiele auch die heuer bessere Konjunkturlage in die Hände, meint der Ökonom. Es gäbe also durchaus ungünstigere Zeiten, um die Vorhaben anzugehen. Das Wifo rechnet mit einem Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Außerdem soll die Arbeitslosigkeit zwar nicht deutlich sinken, aber zumindest nicht weiter steigen.
Mehr Investitionenfür Start-ups
Unter anderem hat sich die Regierung auf die vorzeitige Abschreibung für Betriebe mit mehr als 250 Mitarbeitern geeinigt. Diese können bestimmte Kosten im Zusammenhang mit Investitionen ab März bis Ende des Jahres steuerlich geltend machen, und zwar bis zu 30 Prozent. Das soll Investitionsanreize schaffen.
Wirtschaftsexperten bewerten die Maßnahme grundsätzlich positiv. Aber: "Wir hätten uns das permanent gewünscht", meint Scheiblecker vom Wifo. Also nicht nur auf ein Jahr befristet. Monika Köppl-Turyna vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria kritisiert außerdem, dass die Regelung nur für große Betriebe gelte. "Es wäre besser gewesen, das allen Betrieben zu ermöglichen", sagt sie, weil auch kleinere Firmen eine Investitionslast tragen. Auch die Anhebung der Forschungsprämie von 12 auf 14 Prozent sei zu begrüßen. "Wir sehen, dass sich die Forschungsprämie in der Vergangenheit bewährt hat", meint die Ökonomin. Hier warnt der Wifo-Experte allerdings vor einer "Gießkannenförderung". Man müsse nun genau evaluieren, wofür die Prämie aufgewendet werde und welche Ergebnisse damit erzielt würden.
Geht es nach der Regierung, sollen Start-ups künftig leichter an Investitionskapital kommen. Neben direkten staatlichen Förderungen wollen SPÖ und ÖVP durch eine Reihe von Maßnahmen rund eine Milliarde Euro an Investitionen von Banken, Versicherungen und Stiftungen mobilisieren. Konkrete Vorschläge sollen bis zum Sommer erarbeitet werden. Geplant sind unter anderem staatliche Garantien, eine Flexibilisierung des Stiftungsrechts und eine Reformierung der Veranlagungsvorschriften. In Österreich sind Firmengründungen nach wie vor stark von Bankenkrediten und weniger von Beteiligungen und Investitionskapital getragen. Das soll sich nun ein Stück weit ändern. Hier, so Scheiblecker, brauche es aber eine langfristige Finanzierung bis zur wirtschaftlichen Reife. Rund zwei Drittel der Start-ups scheitern in den ersten drei Jahren. Viele schaffen es nie, in die schwarzen Zahlen zu kommen.
Neue Insolvenzordnungsoll Neustart erleichtern
Und auch das Scheitern soll künftig ein bisschen einfacher werden. Geplant ist eine Novelle der Insolvenzordnung, wonach die Frist für Abschöpfungsverfahren auf drei Jahre reduziert wird. Außerdem sollen derzeit geltende Mindestquoten entfallen. Das alles soll einen Neustart erleichtern und die Schulden der Betroffenen reduzieren helfen. Die Wirtschaftskammer (WKO) ist hier allerdings skeptisch. "Die Gläubiger werden hier noch mehr Geld verlieren", sagt Ralf Kronberger von der WKO. Viele der vorgeschlagenen Maßnahmen inklusive der Gegenfinanzierung bleiben vage, sind sich die Experten einig, was auch eine Bewertung schwierig mache. "Dazu können wir erst etwas sagen, wenn die konkreten Maßnahmen auf dem Tisch liegen", sagt Scheiblecker. Zum neuen Stiftungsrecht liegen zum Beispiel noch keine genauen Vorschläge vor. Ebenso vage seien Vorhaben, die Start-ups zugutekommen sollen.
Und vieles kann die Regierung trotz Zusagen auch nicht alleine entscheiden. Die Arbeitszeitflexibilisierung und den Mindestlohn von 1500 Euro brutto pro Monat müssen nun die Sozialpartner verhandeln. Bei der Einschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für EU-Bürger in bestimmten Branchen braucht es die Zustimmung aus Brüssel. Dagegen wehren sich allerdings vor allem östliche EU-Nachbarn, die von der Sperre betroffen wären.