Die Kriminalitätsstatistik offenbart ein Plus bei Gewaltdelikten, dafür verantwortlich ist vor allem ein Anstieg bei leichter Körperverletzung. Die Täter? Häufig Asylwerber. Die Opfer? Ebenfalls.
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Wien. Selten zuvor ist die Präsentation der Kriminalitätsstatistik so sehr im Fokus gestanden wie heuer. Vielleicht noch vor zehn Jahren, als zahlreiche osteuropäische Länder dem Schengenraum beitraten und ein deutliches Plus bei Einbruchsdelikten und Autodiebstählen registriert wurde. In diesem Jahr berührt die Kriminalitätsstatistik das gegenwärtige Konfliktthema schlechthin: die Asyl- und Migrationpolitik und ihre Auswirkungen.
Einige Zahlen und Entwicklungen sind bereits im Dezember durchgesickert, am Montag wurden nun die kompletten Zahlen für das Vorjahr präsentiert. Der bereits kolportierte Anstieg bei den angezeigten Gewaltdelikten hat sich bestätigt, er fällt mit einem Plus von 6,9 Prozent etwas geringer aus als zuerst kolportiert ("mehr als 10 Prozent"). Immerhin konnte Innenminister Wolfgang Sobotka die höchste Aufklärungsquote der vergangenen zehn Jahre vermelden (45,9 Prozent). "Österreich ist ein sicheres Land", sagt Sobotka.
Das Bundeskriminalamt gruppiert die Delikte in fünf Felder (Einbruch, Autodiebstahl, Gewalt, Cybercrime, Wirtschaftsdelikte), die auf das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung einen hohen Einfluss haben. Hier zeigen sich vor allem in der langjährigen Betrachtung deutliche Verschiebungen. So haben die angezeigten KfZ-Diebstähle und Wohnungseinbrüche merklich abgenommen, während die teilweise auch recht neuen Tatbestände von Internetkriminalität sprunghaft anstiegen.
Auch die deutliche Zunahme in der größten Deliktgruppe, den Wirtschaftsdelikten - darunter fällt vor allem Betrug - ist in erster Linie Straftaten im Internet zuzuschreiben. Bestellte und gelieferte Waren werden nicht bezahlt oder bezahlte Waren nicht geliefert. Dieser sogenannte Bestellbetrug ist in nur einem Jahr um mehr als ein Drittel gewachsen. Eine Besonderheit dieser beiden Kriminalitätsfelder: Die Tatverdächtigten sitzen häufig im Ausland. Und auch bei den Einbruchsdelikten und Autodiebstählen werden Täter immer öfter im Ausland aufgegriffen, so Sobotka.
Die Zunahme bei den Gewaltdelikten verdient aber eine genauere Betrachtung. Denn ähnlich wie der Anstieg von Einbrüchen vor rund zehn Jahren von einer intensiven Medienberichterstattung und öffentlichen Debatte begleitet wurde, ist dies nun bei Gewalttaten der Fall. Besonders im Zusammenhang mit Straftaten von geflüchteten Personen.
Die Kriminalitätsstatistik ist hier nicht ganz so eindeutig, und sie deckt sich nur bedingt mit dem in Umfragen festgestellten wachsenden Unsicherheitsgefühl. So ist beispielsweise die Zahl von Anzeigen, die das Sexualstrafrecht berühren, deutlich gestiegen, geht jedoch Großteilsauf eine gesetzliche Erweiterung des Delikts der sexuellen Belästigung zurück ("Po-Grapsch-Paragraf"). Eine Zunahme bei Vergewaltigungen habe man "nicht in der Form festgestellt", wie aus Medienberichten zu deuten gewesen wäre, so Franz Lang, der Direktor des Bundeskriminalamts.
Dem Plus bei Gewaltdelikten gegenüber dem Vorjahr steht zudem eine grundsätzlich positive langjährige Entwicklung entgegen. Vor allem wenn man bedenkt, dass Österreich in den vergangenen zehn Jahren um 5,6 Prozent gewachsen ist, die Anzahl der Gewaltdelikte aber nur um 3 Prozent. Es gab zudem keine sprunghaften Entwicklungen wie etwa im Bereich Cybercrome.
Die Zunahme seit 2015 ist wiederum vor allem einem Anstieg bei der leichten Körperverletzung geschuldet. Vor allem hier schlägt sich die Migrationsentwicklung in den Zahlen nieder. Generell hat der Anteil der Tatverdächtigen mit fremder Staatsbürgerschaft zugenommen und beträgt derzeit fast 40 Prozent. Allerdings leben in Österreich heute um mehr als 60 Prozent mehr Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft als 2007. Zudem kennt die Internetkriminalität grundsätzlich keine Landesgrenzen.
Bei den fremden Tatverdächtigten sind Asylwerber eine wachsende Gruppe, nach Nationalitäten aufgeschlüsselt sind wiederum Rumänen (11.021) vor Deutschen (9.724) am häufigsten tatverdächtig. Die Zunahme tatverdächtiger Asylwerber, von 14.458 im Jahr 2015 auf 22.289 im Vorjahr, ist zudem mit der Entwicklung der Asylanträge in Relation zu setzen. Ähnlich wie bei Deutschen hat sich Grundgesamtheit markant verändert. So hat es in Österreich in den Jahren 2015/16 mehr Asylanträge gegeben als zwischen 2007 und 2014.
Eine genaue Auswertung offenbart, dass bei Asylwerbern vor allem Diebstahl, Körperverletzung und Suchtmittelverstöße anzeigt werden. Und, dass die Opfer Großteils andere Asylwerber sind. Von den insgesamt ermittelten 6121 Opfern (Raub, Delikte gegen Leib und Leben sowie sexualstrafrechtliche Delikte) hatten 1626 eine österreichische Staatsbürgerschaft.
Auffallend auch: Syrer - über Monate die größte Gruppe der Asylwerber - fallen in der Kriminalitätsstatistik kaum auf. Obwohl etwa mehr Syrer in Österreich leben als Slowaken sind letztere dreimal häufiger tatverdächtig. Anders verhält es sich mit Asylwerbern aus Afghanistan, die etwa fünfmal so oft einer Tat verdächtigt werden wie Syrer - bei einer ähnlichen Grundgesamtheit. "Die Syrer kamen in Familienverbänden und das Land hatte ein gutes Bildungssystem", so Lang. Es zeige sich, dass Tatverdächtige meist junge Männer seien ohne Ausbildung und ohne Perspektive auf ein Bleiberecht. Und das träfe eben besonders auf afghanische Flüchtlinge zu.