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Mehr EU, aber wie?

Von Reinhard Göweil

Leitartikel

Die neue Wirtschaftsstrategie der Europäischen Union zeigt die Richtung, der Weg dorthin ist allerdings noch kaum zu erkennen: Zusammenarbeit, Abstimmung und einheitliches Vorgehen im Bemühen, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Am Vorabend der Präsentation traten die drei höchsten EU-Repräsentanten - Kommissionspräsident Barroso, Ratspräsident Rompuy und Parlamentspräsident Buzek - gemeinsam bei einer Veranstaltung der Europäischen Volkspartei auf, und alle drei redeten wie hohe Gewerkschafter: Jobs, Jobs, Jobs.


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Die Wirtschaftskrise ist in Brüssel allen in die Glieder gefahren. Es geht um die Entwicklung Europas, mittlerweile auch um die Zukunft des Euro. Die Union ist aber auf schlechtes Wetter nicht vorbereitet, viele Harmonisierungen scheitern an nationalem Widerstand. Es ist symptomatisch, dass sich die deutsche Kanzlerin Merkel bereits vor dem offiziellen Startschuss der neuen Wirtschafts-Strategie "2020" kritisch darüber äußerte.

Denn Alleingängen soll künftig ein Riegel vorgeschoben werden. Das Beispiel Griechenland zeigt ja deutlich, dass die Vernetzung der Wirtschaft so stark ist, dass es eben niemandem egal sein kann, was in einem der 27 EU-Länder passiert.

Austreten, lautet der Schlachtruf jener, die nicht erkennen, wie Europa im 21. Jahrhundert funktioniert. Die Staaten sind auf Gedeih und Verderb aneinander gekettet. Um das Beispiel zu veranschaulichen: Die Steiermark kann auch nicht aus Österreich austreten, das wäre absurd und wirtschaftlich nicht zu machen. Genauso ist es in der EU.

Die Welt ist größer geworden, und die Krise hat gezeigt, dass nationale Spielräume immer kleiner werden. Es wäre also klug von den EU-Regierungschefs, wenn sie bei ihrer nächsten Sitzung die Wirtschaftsstrategie Barrosos unter dem Aspekt der gegenseitigen Abhängigkeit betrachten. Das bedeutet nicht, dass jeder einzelne tun kann, was er will (weil er im Ernstfall eh von den anderen gerettet wird), sondern das exakte Gegenteil: Alle ziehen an einem Strang. Dabei wird es Unterschiede geben, denn jedes Land hat wirtschaftliche Eigenheiten - die einen mehr Industrie, andere mehr Tourismus.

Aber die Richtung muss überall die gleiche sein. Wenn das gelingt, wird auch der bisher unsichtbare Weg nach 2020 erkennbar werden.